Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Eltern fordern mehr Personal für Ganztagsschule

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Mit einer Online-Petition wollen Neubiberger Familien erreichen, dass die Gemeinde für die 98 Grundschüler in den Ganztagsklassen neun zusätzliche Kräfte einstellt.

Von Angela Boschert, Neubiberg

Die "sofortige Verbesserung der pädagogischen Betreuung unserer Kinder" fordert eine Elterninitiative für die Ganztagsklassen an der Grundschule Neubiberg. Die Gemeinde solle zusätzlich fünf fest angestellte pädagogische Fachkräfte und vier Ergänzungskräfte anstellen. Die Initiative hat Unterschriften für eine Online-Petition gesammelt, die sie an diesem Montag im Sozialausschuss Bürgermeister Günter Heyland übergeben will.

Die aktuell versprochene Betreuung werde für die sechs- bis zehnjährigen Kinder nicht ausreichend bewältigt, finden die Eltern. Die Schule mache, was gehe, aber es fehle an sozialpädagogischen Zusatzkräften. Jede Ganztagsklasse mit aktuell 22 bis 26 Schülern wird von ihrer Klassenlehrerin betreut. In der Mittagszeit kümmern sich zwei 450-Euro-Kräfte um die insgesamt 98 Ganztagsschüler. Die Schule hat eine Sozialpädagogin, die für alle 310 Schüler zuständig ist.

Besonders problematisch sehen die Eltern die Betreuung in der Mittagszeit. Während sich eine 450-Euro-Kraft um die Ausgabe des Essens und um die Betreuung der 98 Kinder beim Essen kümmert, beaufsichtigt die andere die Kinder davor und danach auf dem Schulhof.

Laut der Elternbeiratsvorsitzenden Kathrin Tauber bringen die Kinder wegen des Personalmangels Hausaufgaben mit heim. Im Ganztagskonzept sei aber versprochen, dass der Stoff des Lehrplans am Vormittag durchgenommen und am Nachmittag wiederholt werde oder vertieft, so Kitty Fried und Melanie Schaller, zwei Mütter, deren Kinder die Ganztagsschule besuchen. Das gelinge nicht. Gerade nachmittags müssten oft Konflikte zwischen Schülern gelöst werden, was Zeit für andere Aktivitäten raube. Es fehle eine sozialpädagogische Fachkraft, die den ganzen Tag bei der Klasse sei.

Elternbeiratsvorsitzende Tauber fragt sich, warum für die Ganztagsklassen "in der reichen Gemeinde Neubiberg" nicht ebenso viel sozialpädagogisches Personal da sei wie an anderen Schulen. So habe die Erich-Kästner-Grundschule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn einen Bezugsbetreuer für jede Ganztagsklasse zusätzlich zur Lehrkraft. Die Cameloher Grundschule in Ismaning habe zwei Betreuer für vier Ganztagsklassen, die Riemerlinger Grundschule drei sozialpädagogische Vollzeitstellen.

An diesen und weiteren Schulen betreuten Sozialpädagogen die Schüler beim Essen. Es gebe extra Küchenpersonal. Die pädagogischen Fachkräfte kooperierten in allen Belangen eng mit den Klassenlehrern. Sie seien als feste Bezugspersonen für die Kinder wichtig, sagen die Elternbeiräte Tauber und Vanessa Weihbrecht. Das könne die einzige Sozialpädagogin an der Neubiberger Grundschule nicht leisten.

Vorbild ist die Jagdfeldschule in Haar

Der Elternbeirat hielte für Neubiberg das Konzept der Grundschule Am Jagdfeldring in Haar für ideal. Dort gibt es eine Vollzeit und vier 75-Prozent-Stellen. Träger ist der Kreisjugendring (KJR) München-Land. Die Fachkräfte sollen die sozialen Kompetenzen der Schüler stärken, sie in der Mittagspause pädagogisch begleiten und zusätzliche Nachmittagsangebote machen, an denen die Schüler der ganzen Schule teilnehmen können. Die Haarer Schule gelte allerdings als Brennpunktschule, sagt Heyland. Dennoch meint Tauber: "Neubiberg muss bereit sein, mehr Geld in die Bildung zu investieren. Zumal es andere Gemeinden im Landkreis auch tun." Die Gemeinde leiste sich ja auch ein teures Bürgerzentrum.

Um auf die gleiche Zahl Fachkräfte wie in Haar zu kommen, müsste Neubiberg nach Berechnungen des Elternbeirats circa 200 000 Euro - laut Rathaus sogar 270 000 Euro - investieren. Bürgermeister Heyland, von Beruf selbst Sozialpädagoge, betont, man sei mit allen Seiten im Gespräch, mit dem Schulamt ebenso wie mit den Schulen, dem Elternbeirat und dem Kreisjugendring.

Die Gemeinde wolle nicht vorschnell handeln, sondern die Befragung der Eltern abwarten, für wie viele Kinder Ganztagsunterricht gewünscht wird und wie viel Geld die Eltern für die gewünschte, verlängerte Ganztagsbetreuung bis 16 oder 17 Uhr bereit seien zu bezahlen. Derzeit endet der Ganztagszug am Freitag um 13 Uhr, sonst um 15.35 Uhr.

Man könne versuchen, in Neubiberg einen Modellversuch einzurichten, wie er momentan an der Münchner Grundschule am Perlacher Pfanzeltplatz als "Kooperative Ganztagsbildung" läuft, so der Bürgermeister. Abhängig von den zukünftigen Ganztagskonzepten müsse es dazu allerdings staatliche Zuschüsse geben. Die Gemeinde sei kooperationsbereit, so Heyland. Jetzt Druck mit einer Petition und einer Unterschriftensammlung auszuüben, hält er für voreilig.

In einer vorhergehenden Version hieß es, die Jagdfeldschule sei offiziell als "Brennpunktschule" anerkannt.

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SZ vom 06.05.2019
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