Süddeutsche Zeitung

Kreis und quer:Alles ist rot, gelb, grau

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Zwischen dem Wetter draußen, der Stimmung im Land und jetzt auch bei den Grünen im Landkreis gibt es einige Gemeinsamkeiten.

Von Michael Morosow

Die erste Kerze auf dem Adventskranz brennt, während sich draußen wie zeitlich abgestimmt die ersten Schneeflocken einem Federbett gleich über Felder und Wiesen legen und Nebelschleier gnädig die Welt verhüllen. Etwas Geheimnisvolles liegt in der Luft und befördert Gedanken, Wünsche und Träume. Der unwirtliche November ist eigentlich wie geschaffen zur inneren Einkehr, zum Rückzug in die eigenen vier Wände mit einem guten Buch, heißem Tee und einem zufrieden schnurrenden Kater auf dem Sofa. Aber es ist halt auch so, dass der Mensch oftmals nicht zu schätzen weiß, was er im Überfluss hat, und dazu zählt für viele Millionen im Land schon im zweiten Corona-November in Folge definitiv die Möglichkeit, ja gar die Aufforderung dazu, Zuhause zu bleiben, weil draußen Gevatter Tod umherstreicht und inzwischen schon mehr als Hunderttausend Menschen allein in Deutschland, darunter 312 im Landkreis, zu sich geholt hat.

Es fällt wohl noch viel Schnee vom Himmel, bis die unselige Pandemie Geschichte sein wird und niemand mehr seinen Freiheitsdrang mit dem Leben bezahlen muss. Aber wenigstens ist ein Ende dieses Schreckens in Sicht. Die Impfbereitschaft im Lande wie auch im Landkreis nimmt erfreulicherweise wieder zu, und wenn nun auch noch die unsinnigerweise geschlossenen Impfzentren wieder öffnen und die vielen Eigeninitiativen zur Schaffung von Impfmöglichkeiten, die die Städte und Gemeinden im Landkreis München in ihrer Not ergriffen haben, Erfolge zeitigen, dann muss man nicht mehr gar so schwarz sehen für die Zukunft.

Bauern und Motoristen atmen auf: Der Mann, der wirklich anpackt, bleibt ihnen erspart

Die letzten Blätter blitzen aus dem Nebelgrau hervor, gelb und rot, als wären sie Teil der Ampelkoalition. Vor wenigen Tagen waren noch grüne zu sehen. Ja, es ist ein Jammer, dass Anton Hofreiter, der aus Sauerlach stammende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Deutschen Bundestag, nicht Verkehrsminister geworden ist, weil das Ressort an die FDP ging, und er auch nicht wenigstens Landwirtschaftsminister werden durfte, weil seine fachlichen Qualitäten bei der Abwägung im Berliner Grünenzirkel weniger Gewicht hatten als das Trachten nach proporzverträglichen Personalentscheidungen. Die Stimmungslage im Lager der Landkreisgrünen ist entsprechend grau.

Wie sehr hätten sie ihn als einen ihnen wohlwollenden Ansprechpartner an der Spitze eines Ministeriums gesehen. Jemanden, der die massiv zunehmenden Verkehrsprobleme im boomenden Landkreis bestens kennt und Antworten darauf weiß. So etwa Geld in den Bahnausbau statt in neue Straßen und Autobahnen zu investieren. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass viele Verfechter von freier Fahrt für freie Bürger auf seine Niederlage angestoßen haben, wie auch die meisten Bauern ein Kreuz gemacht haben, als sie davon hörten. "Ich habe gehofft, dass er Verkehrsminister wird", sinnierte am Mittwoch ein Bauernfunktionär vielsagend hinter vorgehaltener Hand, als es noch danach aussah, dass Hofreiter Agrarminister werden wird. Bauern wie Motoristen einte also die Angst, dass der Mann wirklich anpackt, was er stets verkündet. Eigentlich ein Kompliment für einen Verlierer.

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