Süddeutsche Zeitung

Abfallwirtschaft:Zweckverband, bitte übernehmen Sie!

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Der Landkreis München würde die Verantwortung für die Biomüll-Umladestation auf dem Gelände der heruntergewirtschafteten Vergärungsanlage in Kirchstockach gerne in neue Hände legen. Doch die Zeit drängt und der Wunschpartner reagiert skeptisch.

Von Angela Boschert, Brunnthal

Die Biomüllvergärungsanlage des Landkreises München im Brunnthaler Gemeindeteil Kirchstockach ist stillgelegt, und es steht seit einigen Wochen die Frage im Raum, ob sie durch mangelnde Wartung heruntergewirtschaftet worden ist. Im Umweltausschuss des Kreistags wurde das am Mittwoch allerdings nicht angesprochen, da ging es nur um die Umladestation für Küchen- und Gartenabfälle, die von Kirchstockach aus seit über einem Jahr zur Verwertung in andere Landkreise gefahren werden. Einstimmig wurde beschlossen, den Beitritt des Landkreises zum Zweckverband München-Südost zu beantragen, damit dieser zum 1. November die Verwaltung der Station übernimmt. Ob der Zweckverband mitspielt, ist allerdings völlig offen.

Einer der Entsorger, der dem Landkreis den Biomüll abnimmt, ist das in die Schlagzeilen geratene Familienunternehmen Wurzer Umwelt aus Eitting im Landkreis Erding. Die bayerische Justiz hat vor kurzem seinen derzeitigen Miteigentümer und ehemaligen Geschäftsführer wegen Umweltkriminalität in mehreren Fällen zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die brennenden Fragen, ob oder wie weit Missstände dem Landkreis München bekannt waren und wie die weitere Zusammenarbeit aussehen soll, waren allerdings eben sowenig Thema in der jüngsten Ausschusssitzung wie die Verantwortung für den maroden Zustand der eigenen Vergärungsanlage.

Vielmehr ging es darum, mit dem Beitrittsantrag zum Müllzweckverband Südost, der bereits in sechs Gemeinden Abfälle und Abwasser entsorgt, ein interkommunales Projekt anzustoßen - ähnlich dem bei Schulen. Damit sollen Arbeitsdopplungen vermieden und Transparenz bei den Gebühren geschaffen werden. Zudem hofft der Landkreis, durch einen Zusammenschluss bessere Verträge mit den Entsorgern aushandeln zu können. Landrat Christoph Göbel (CSU) trug dem Gremium diese Idee "bewusst mit eigenen Worten" vor.

Was er nicht sagte, aber in der Beschlussvorlage steht: dass der derzeitige Betreiber der Umladestation, die Prolignis GmbH aus Ingolstadt, nur einen Vertrag bis 31. Juli hat, mit dreimonatiger Verlängerungsoption. Demnach braucht der Landkreis schon vom 1. November an einen neuen Verwalter für die Umladestation, weil das Bundesimmissionsschutzgesetz einen solchen vorschreibt.

Dass das zeitlich klappt, zweifelt Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern (CSU) an, der auch Mitglied des Kreistags ist. Er sprach im Ausschuss als stellvertretender Vorsitzender des Müllzweckverbands: "Zu viele Dinge sind in der Vorlage unklar. Den Zeitplan einzuhalten, ist völlig utopisch." Eine Ausweitung der Zuständigkeit des Zweckverbandes sei nur mit einer Personalaufstockung möglich. Doch Fachkräfte seien teuer, sie zu finden, ein Problem, die Abfallverwertung zudem ein Haifischbecken. Auch sei die Vergütung unklar, wenn der Zweckverband die Ausschreibungen für den Landkreis übernehme. Das gehe nicht einfach nach Stundenaufwand.

Landrat Göbel beschwichtigte und sicherte zu, das einzige, was übertragen werde, sei die Liegenschaftsverwaltung. Erst später seien Einrichtung und Betrieb des sogenannten Giftmobils, das Rechnungsmanagement und weiteres vorgesehen. Der Zweckverband bekäme alle entstehenden Kosten erstattet, versicherte Göbel.

Derzeit fallen etwa 15 000 Euro monatlich für die Liegenschaftsbetreuung an

FDP-Kreisrat Manfred Riederle (FDP) aus Unterschleißheim warf die eher rhetorische Frage auf, wer das bezahlen soll. Derzeit fallen etwa 15 000 Euro monatlich für die Liegenschaftsbetreuung der Umladestation durch das externe Fachpersonal an. Das bayerische Abfallwirtschaftsgesetz regelt, dass sämtliche Kosten für die Bioabfallentsorgung durch die Müllgebühren abzudecken sind, also auch die Kosten der Anlage in Kirchstockach mit Personal-, Betriebs-, Wartungs-und Reparaturkosten für den Umladebetrieb.

Nun bleibt abzuwarten, ob die Zweckverbandsversammlung bis Herbst dem Beitritt des Landkreises zustimmt. Was andernfalls passiert, wurde in der Sitzung nicht thematisiert.

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