Süddeutsche Zeitung

Mahlzeit:Kartoffelsuppe statt Stracciatella

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Anstatt seine Eisdiele in Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Winter zuzusperren, verlegt sich Gelatiere Rocco Taccogna auf den Verkauf warmer Gerichte.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Wer dieser Tage das "Dolce Gusto" in Höhenkirchen-Siegertsbrunn betritt, wird am Eingang von einer gewaltigen Tiefkühltruhe empfangen, wie es sich für eine italienische Eisdiele geziemt. Doch hinter dem Glas, wo im Sommer bis zu 24 Sorten die Wahl zur Qual machen, liegen derzeit nur einige Lamettaschlangen samt goldener Christbaumkugeln. Und statt des süßen Dufts von Milch und Sahne liegt das herzhafte und für eine Eisdiele ganz und gar untypische Aroma von Kartoffeln in der Luft.

Der Grund offenbart sich, als Rocco Taccogna zwei Suppenteller aus der Küche balanciert. Der stets gut gelaunte 31-Jährige ist gelernter Gelatiere und obendrein Eismacher von Herzen, wie er betont. Doch im Winter steht den Menschen hierzulande die Lust nun mal weniger auf gefrorene Kreationen aus Vanille, Erdbeere und Co. Und seinen Laden einfach zumachen, um ein Vierteljahr im heimatlichen Italien zu verbringen, wie es so viele andere Eisdielenbesitzer tun, "das könnte ich nicht", sagt Rocco Taccogna, der aus der Region Basilikata stammt und seit 2010 in Höhenkirchen-Siegertsbrunn lebt.

"Ich halte es in Italien höchstens zehn Tage aus", sagt der Inhaber der Eisdiele in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. "Dann kriege ich Panik und muss zurück in meinen Laden." Und so hat sich Rocco Taccogna etwas überlegt für die kalten Wintermonate, was einen direkt zu jenen zwei Tellern bringt, die er soeben auf dem Tisch platziert hat. Darin ist: Kartoffelsuppe. Selbstgemacht. Mit gerösteten Croutons und einem großzügigen Schuss Olivenöl serviert. Und vor allem: ziemlich lecker.

Neben wechselnden Suppen tischt Rocco Taccogna im "Dolce Gusto" zur Winterzeit auch noch weitere Gerichte wie Salate, Burger und Pizza auf. "Ich habe letztes Jahr damit begonnen, und es ist richtig gut angekommen", sagt er. Wobei seine Liebe weiterhin dem Eismachen gilt, daran lässt der Süditaliener keinen Zweifel. Jenes Handwerk hat er in mehreren Kursen in Rimini erlernt, der inoffiziellen Hauptstadt des Speiseeises, wo bei der jährlichen Eismesse die größten Meister des Gelato zusammenkommen. Das Wichtigste beim Eis, sagt Taccogna, sei die Qualität der Grundzutaten Milch und Sahne. Deren Preise hätten zuletzt kräftig angezogen, weshalb eine Kugel Eis im "Dolce Gusto" inzwischen 1,80 Euro kostet. Doch seine Stammkunden hätten dafür Verständnis, sagt der 31-Jährige. "Weil sie wissen, dass sie hier Qualität bekommen."

Aktuell jedoch ist die Gefriertruhe am Eingang leer; das letzte Eis habe er im November produziert, sagt der Gelatiere. Im Sommer steht er mitunter um zwei Uhr nachts auf, um in seinem "Eislabor" die verschiedenen Sorten herzustellen - darunter auch seine Favoriten Pistazie, Joghurt und Zitrone. In den eisfreien Wintermonaten bekomme er nun zwar mehr Schlaf, sagt Taccogna, und doch sehne er die nächste Eiszeit bereits herbei. "Schon im Februar schaue ich ständig auf den Wetterbericht. Und sobald es zehn, zwölf Grad hat, fange ich wieder an mit dem Eismachen."

Denn auf Dauer, das steht für Rocco Taccogna außer Frage, ist Kartoffelsuppe kein adäquater Ersatz für richtig gutes Gelato.

Für diese Kolumne probiert sich die Redaktion fortan immer zum Wochenbeginn durch Küchen, Kantinen und Kochkunst im Landkreis München.

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