Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl:Ein Liberaler fährt einen rechten Kurs

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Helmut Markwort macht Wahlkampf im Landkreis München, wo ihn die eigenen Parteifreunde nicht mehr wollten, und zieht dabei vom Leder: gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und linke Gesinnung in Redaktionen.

Von Sophia Coper, Unterföhring

Helmut Markwort und die FDP lassen sich nicht lumpen. Am Eingang wird mit Sekt empfangen, auf den Tischen stehen Schnittlauchbrote. Im Rahmen eines Polit-Talks ist der Abgeordnete und Alterspräsident des bayerischen Landtages zu Gast in Unterföhring, neben ihm sitzt im Wirtshaus im Medienpark die Vorsitzende der Liberalen Senioren Oberbayern, Alexandra Becker. Becker moderiert und leitet durch den Abend, dessen roter Faden "Medien und Senioren - wie gut sind wir informiert?" lautet.

Konkrete Belange der älteren Generation werden in der gleichzeitig online übertragenen Veranstaltung jedoch nur gestreift, vielmehr kommt Markwort vor dem rund 20-köpfigen Publikum immer wieder auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sprechen. "Ich habe große Sorge, dass das Verfassungsgebot zur Vielfalt und Ausgewogenheit der Berichterstattung nicht eingehalten wird", sagt der 86-Jährige, der als langjähriger Chefredakteur und Herausgeber des Focus im Landtag die Rolle als medienpolitischer Sprecher der FDP innehat.

Obwohl sich das Publikum vor allem aus Senioren und Seniorinnen zusammensetze, renne das Programm der Öffentlich-Rechtlichen zu sehr den Jüngeren hinterher, lautet seine Kritik. Zudem beklagt er die seines Erachtens linke Gesinnung der Redaktionen, die sich in den journalistischen Beiträgen widerspiegle. "Da haben wir eine völlige Schieflage", betont er und verweist auf Umfragen und Statistiken, die seiner Meinung nach eine einseitige Berichterstattung belegen. Links ist dabei für den FDP-Mann Markwort ein Sammelbegriff für die politischen Positionen von SPD, Grünen und Linken.

Insbesondere die Zusammensetzung und Finanzierung des Rundfunkanstalten sind Markwort ein Dorn im Auge. "Wir machen keine weitere Gebührenerhöhung mit. Das ist nicht zu vertreten", sagt er mit Nachdruck und erinnert mit warmen Worten an das Landesparlament von Sachsen-Anhalt, welches sich mit den Stimmen von Union und AfD 2020 gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent aussprach und somit eine interne Regierungskrise auslöste. Die GEZ-Gebühr - Markwort verwendet einmal das auch von der AfD verwendete Wort "Zwangsabgabe" - fließe hauptsächlich an die "x-fache Überstruktur der Direktoren", an denen laut dem Abgeordneten besser gespart werden sollte.

Er wettert über die Zwangsabgabe und lobt Boris Reitschuster

"Aus Abneigung und Frustration gegenüber der Einseitigkeit des öffentlich rechtlichen Rundfunks hat sich eine Gegenwelt entwickelt", konstatiert Markwort. Als Positivbeispiel nennt er den ehemaligen Focus-Journalisten Boris Reitschuster, dessen Blog für die Verbreitung von Verschwörungstheorien und populistischen Inhalten regelmäßig in der Kritik steht. "Ich bin bei weitem nicht mit allem einverstanden", räumt Markwort ein, sieht in Reitschuster dennoch weiterhin einen "tüchtigen, fleißigen Kollegen".

Ein weiteres großes Thema an dem Abend ist der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks, der über die Erfüllung des Programmauftrags wacht und dem Markwort als Vertreter der FDP selbst angehört. Auch hier spart der ehemalige Journalist nicht an Tadel. "Ich hoffe dringend, dass diese langweilige Laberveranstaltung künftig geändert wird", sagt er. Seiner Meinung nach wird in den Sitzungen nicht umfassend informiert und der Rat nicht in die wirklich wichtigen Entscheidungen einbezogen. Statt am Programm zu sparen, kämpfe er dafür, "dass Verwaltung, Technik und Produktion zentriert werde". Außerdem bedarf die Mitgliedsstruktur nach Ansicht Markworts einer Überholung: weniger kirchliche Verbände, dafür die Aufnahme des "Bunds der Steuerzahler", um wirtschaftliche Expertise ins Boot zu holen.

Moderatorin Alexandra Becker versucht immer wieder den Schwenk zu Senioren und Medien, konkret wird es in dieser Hinsicht jedoch nur vereinzelt. "Obwohl ich lieber Schach spielen würde, kandiere ich, um auch unsere Generation zu vertreten", betont Markwort. Falls er erneut ins Parlament einziehe, wolle er sich für die Gründung einer Seniorenkommission einsetzen.

Nach 45 Minuten ist Schluss und Markwort muss direkt weiter zu einem anschließenden Termin. So bleibt kaum Zeit für eine Antwort auf die Frage, warum er in Unterföhring auftrete, also in jenem Landkreis, wo ihn die eigenen Parteifreunde zur Wahl am 8. Oktober nicht wieder als Kandidat aufstellen wollten. Im Vorbeigehen heißt es nur, dass dies keine Wahlkampfveranstaltung gewesen sei und man eben dorthin komme, wo man eingeladen werde. Von den parteiinternen Querelen, die dazu führten, dass Markwort trotz seines erfolgreichen Ergebnisses 2018 im Wahlkreis München Land-Süd heuer in Freising antritt, ist an diesem Mittwochabend nichts zu spüren.

Zurück bleibt ein zufriedenes Publikum. Für viele hier hat der FDP-Politiker, der eher einen rechten Kurs fährt, den richtigen Ton getroffen. "Leute wie ihn braucht man im Parlament", sagt ein Parteikollege. Auch sonst fallen nur Worte des Lobes. Das letzte Schnittlauchbrot in der Hand, bekräftigt ein Gast: "Markwort vereinigt die Themen Medien und Senioren eben in seiner Person."

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