Süddeutsche Zeitung

Gräfelfing:Der Kulturbetrieb kann einpacken

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Wegen Sanierungsarbeiten steht das Bürgerhaus zwei Jahre nicht zur Verfügung. Die Veranstaltungen werden ins Gymnasium und in die ehemalige Doemens-Brauakademie verlegt - doch das ist mit erheblichen Einschränkungen verbunden.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Der Gräfelfinger Kulturbetrieb packt ein: 350 Stühle gehören zum Gepäck, kistenweise Bühnentechnik, Lampen, Deko-Material, 60 Tische und auch an die 3500 Weingläser. Ende März schließt das Bürgerhaus für mehr als zwei Jahre seine Türen. Der zentrale Veranstaltungsort für Kultur im Ort wird umfassend saniert und umgebaut, mitten im Ortszentrum entsteht eine Großbaustelle. Das bedeutet auch, dass für rund 450 Veranstaltungen im Jahr ein Ausweichquartier gefunden werden muss.

Die Bücherei ist bereits zum Jahresende aus dem Bürgerhaus ausgezogen und hat ihre provisorische Bleibe im ehemaligen Schulungsgebäude der Doemens-Brauerei-Akademie aufgeschlagen. Jetzt arbeiten Bürgerhausleiter Jan Konarski und Hausmeister Richard Eder daran, nach und nach den größten Teil des 1984 errichteten Gebäudes auszuräumen und den Großumzug Anfang April Hand in Hand mit dem Bauamt zu organisieren. Der Anfang des großen Stühlerückens in der Gemeinde wurde allerdings im Rathaus gemacht. Dort ziehen sich seit 2021 die Sanierungsmaßnahmen hin, sodass Teile der Verwaltung immer noch auf drei verschiedene Standorte in der Gemeinde verteilt sind.

So wird es auch mit dem Kulturbetrieb geschehen. Nur das Kino Filmeck mit eigenem Eingang kann bleiben. Ansonsten werden die Vorträge und Lesungen der Literarischen Gesellschaft, die Konzerte des Musikfördervereins, die Veranstaltungen der Volkshochschule im Würmtal, die Kunstgewerbe- und Flohmärkte, auch das Repair-Café und der Bridgeclub neue Veranstaltungsadressen erhalten. Jan Konarski feilt noch an der Logistik. Kleinere Veranstaltungen werden ins Doemensgebäude ausgelagert, dort werden auch die Büroräume des Bürgerhauses Platz finden.

"Es wird unlustig, aber wir haben ja keine Wahl"

Für großes Publikum geht es in die Aula des Kurt-Huber-Gymnasiums. Musikförderverein und Literarische Gesellschaft werden hier eine neue Bleibe finden. Der Konzertflügel wird dorthin verlegt wie auch die Tontechnik. Für Konarski und Eder bedeutet das künftig, vor jeder Veranstaltung alles aufzubauen und nachts wieder abzubauen, denn tagsüber gehört die Aula den Schülern. Klaus Stadler von der Literarischen Gesellschaft hofft, dass das Publikum mitmacht. Denn während das Bürgerhaus direkt am S-Bahnhof situiert ist, ist das Gymnasium eher abgelegen, was gerade für ältere Besucher ein Problem sein könnte. "Es wird unlustig, aber wir haben ja keine Wahl", sagt Stadler.

Auch Sitzungen des Gemeinderats finden künftig in der Aula statt. Es ist dann der zweite Umzug für das Gremium, das derzeit noch provisorisch im Bürgerhaus tagt, weil der Sitzungsaal im Rathaus saniert wird. Für die großen Märkte hat Konarski hingegen noch keine Lösung. Es gebe zwar noch die Mehrzweckhalle des Gymnasiums, aber die sei durch die Schule ziemlich gut belegt. Vielleicht finde mehr draußen statt, sagt er: "Wir müssen kreativ sein." Auf jeden Fall werde Gräfelfing nicht "kulturelles Niemandsland", verspricht er.

Die Sanierung des Bürgerhauses soll Mitte April beginnen. "Es wird eine Riesenbaustelle", sagt Bürgermeister Peter Köstler (CSU) voraus. Eine der ersten Arbeiten wird der Abriss des Turms sein, der bei der Umgestaltung des Foyers im Weg ist und der durch einen markanteren Neubau ersetzt werden soll. Die Arbeiten werden sich weit bis ins Jahr 2025 erstrecken. Sein 40-jähriges Bestehen im kommenden Jahr erlebt das Haus als Großbaustelle.

Was während der Umbauzeit aus der "Besuchskatze" wird, wie Konarski sie nennt, wird sich zeigen. Die Katze gehört einem Nachbarn, aber auch zum Inventar des Bürgerhauses: Bei Abendveranstaltungen streift sie durch die Räume und hört auch mal auf der Bühne sitzend zu. Auch sie muss sich eine neue Bleibe suchen.

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