Süddeutsche Zeitung

Folgen des Wintereinbruchs:Den Garchingern geht es nass rein

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Vor allem im Südosten der Stadt, wo das Grundwasser ohnehin hoch steht, laufen in diesen Tagen reihenweise die Keller voll. Das Wasserwirtschaftsamt geht davon aus, dass die Schneeschmelze und die starken Niederschläge die Ursache sind.

Von Sabine Wejsada, Garching

Es ist eine Horrorvorstellung für jeden Hauseigentümer: Man geht in den Keller und steht im Wasser. In Garching geht es derzeit zahlreichen Menschen so. Die Stadt weiß laut Bauamtsleiter Klaus Zettl offiziell von 25 bis 30 betroffenen Anwesen. Einige Bewohner kämpfen bereits seit November mit dem steigenden Grundwasser, mit der Schneeschmelze nach dem Wintereinbruch vom ersten Dezemberwochenende und den aktuellen Regenfällen dringt es in immer mehr Gebäude ein. Besonders schlimm ist es im Südosten von Garching. "Aber nun zieht es sich schon durch die ganze Stadt", sagt Zettl.

Tanja Pavars bewohnt mit ihrer Familie und ihren Eltern ein Haus am Feldmochinger Weg. Ganz so schlimm wie bei einigen in der Nachbarschaft hat es die Familie zwar nicht getroffen. "Bei uns steht das Wasser nur ein paar Millimeter hoch", sagt sie. Doch auch in ihrem Keller läuft seit Sonntag eine Pumpe. Alle halbe Stunde müsse jemand hinuntergehen und nachschauen. "Wir machen das zu viert im Schichtbetrieb", schildert die Garchingerin am Telefon und erzählt, dass es hauptsächlich für die Eltern anstrengend sei. Das Haus sei 40 Jahre alt, und nur einmal, als ein Hagelsturm Wasser unter der Kellertür durchgedrückt hat, habe es Probleme gegeben. "Wir hatten nie Feuchtigkeit im Keller", sagt Pavars.

In ihrer Nachbarschaft, in der viele ältere Leute wohnten, seien die meisten völlig übermüdet und sehr besorgt. Die Unterhaltungen drehten sich nur noch um Keller und Pumpen, auf Whatsapp habe man eine Hochwassergruppe eingerichtet. Ihre Pumpe haben sich die Pavars von Verwandten leihen können, anderen, bei denen das Wasser die Keller geflutet hat, hat die Freiwillige Feuerwehr geholfen. Weil deren Pumpen angesichts der Fülle von Betroffenen nicht ausreichen, haben die Wehren aus Ismaning und Oberschleißheim ihre zur Verfügung gestellt, wie der Garchinger Bauamtsleiter berichtet.

Klaus Zettl ist seit 20 Jahren bei der Stadt angestellt und weiß, dass vor allem im Südosten Garchings der Grundwasserspiegel für gewöhnlich erhöht ist. Dass so viele Häuser betroffen sind, hatte er bisher aber noch nicht erlebt. Laut Stefan Homilius, dem Chef des Wasserwirtschaftsamtes, steht das Grundwasser in dem Bereich normalerweise bereits in einer Tiefe von nur 3,40 Meter - da brauche es nur einen geringen Anstieg, damit es in den Keller gelangt. Vor allem bei älteren Häusern, deren Untergeschosse ohne sogenannte Weiße Wanne, eine wasserundurchlässige Stahlbetonkonstruktion, errichtet wurden, hat das Wasser leichtes Spiel. Das sei sehr bedauerlich, sagt Homilius, aber da reiche die Abdichtung einfach nicht.

Durch die Schneeschmelze und den nachfolgenden Regen sei der Pegel nun um 50 Zentimeter gestiegen. Seine Kolleginnen und Kollegen sind seit Tagen in Garching unterwegs und betreiben Ursachenforschung. Zunächst habe man befürchtet, dass etwas anderes den Anstieg ausgelöst hat. So habe man bei den Stadtwerken München nachgefragt, ob es einen Wasserrohrbruch gab, was diese verneint hätten. Und auch die Bäche und Gewässer im Stadtgebiet wurden laut Homilius genau kontrolliert, ebenso die Kanäle. Nach aktuellem Wissensstand müsse man davon ausgehen, dass der nasse November und die massiven Niederschläge der vergangenen Wochen im Zusammenspiel mit dem ohnehin hohen Grundwasserpegel die Überflutungen ausgelöst haben.

Im Garchinger Rathaus werden nach den Worten von Bauamtsleiter Klaus Zettl gerade die Baupläne der betroffenen, meist älteren Häuser unter die Lupe genommen. Bei Neubauten würden die Antragsteller gerade in Bereichen, wo das Grundwasser höher steht, auf erforderliche Maßnahmen zur Abdichtung hingewiesen. Und auch mit dem Wasserwirtschaftsamt sei man weiterhin in engem Kontakt, sagt Zettl. Denn auch die örtliche Kläranlage muss mit dem vielen Wasser klarkommen. Um ein mögliches Überlaufen des Werks zu verhindern, habe man die Erlaubnis, das aus Kellern gepumpte Grundwasser in die städtische Kanalisation einzuspeisen, zurückgezogen.

In einer früheren Version waren die Bildunterschriften falsch.

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