Süddeutsche Zeitung

Garching fördert Genossenschaften:Gemeinsam zum günstigen Heim

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Garching möchte Wohnbau-Genossenschaften fördern. Im Baugebiet Kommunikationszone sind dafür Flächen vorgesehen. Bastian Dombret sucht bereits Mitstreiter für eine lokale Initiative.

Von Gudrun Passarge, Garching

Genossen für den Wohnungsbau gesucht: Bastian Dombret hofft darauf, einige Mitstreiter zu finden, die mit ihm eine Wohnbaugenossenschaft in Garching gründen. Ziel ist es, ein oder zwei Häuser in dem Neubaugebiet Kommunikationszone zu errichten.

Die Stadt hat entschieden, dort Grundstücke für genossenschaftliches Bauen zur Verfügung zu stellen. Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) sieht viele Vorteile in dem Modell: "Die Attraktivität liegt eindeutig darin, dass man sich auch als Otto-Normal-Verbraucher ohne großes Eigenkapital lebenslang Wohnrecht sichern kann." Kurz gesagt: Die Garchinger erhoffen sich bezahlbare Wohnungen.

Noch gibt es einige Dinge zu klären. Beispielsweise wie groß die Fläche ist, die die Stadt für das genossenschaftliche Bauen ausweist. Oder ob sie festlegt, in diesen Häusern auch Sozialwohnungen unterzubringen. Der Preis für die Grundstücke ist noch unbekannt. Aber alle Stadträte äußern sich positiv zu dem Gedanken. Der Bürgermeister etwa erhofft sich, mit dem Modell einen Mittelpunkt in der Kommunikationszone zu schaffen und Josef Euringer, Sprecher der Bürger für Garching, gibt sich als "Fan von Genossenschaften" zu erkennen. Es herrscht Einigkeit im Stadtrat, das Modell zu fördern. Die Frage ist nur, ob es möglich ist, eine eigene Genossenschaft in Garching zu gründen oder ob die Stadt die Flächen an eine bestehende vergibt. Interessenten seien vorhanden, sagt der Bürgermeister.

Florian Baierl, Fraktionssprecher der Unabhängigen Garchinger, plädiert für eine eigene Genossenschaft. "Aber eine Neugründung ist ein steiniger Weg. Respekt, wer sich da einbringt", sagt er. Jürgen Ascherl, Fraktionschef der CSU, sagt gar, er wäre "bereit, mitzuwirken" und sich "mit einzubringen".

Mehr als eine Schlafstadt

Die Blicke richten sich auf Bastian Dombret. Der FDP-Stadtrat hat sich auf den steinigen Weg gemacht. Er sucht mit Hilfe der Homepage www.gemeinsam-in-garching.de Mitstreiter. "Das ist kein politisches Projekt", betont er. Er selbst will auch nicht einziehen. "Ich denke da eher an meine Kinder." Für ihn steht bezahlbarer Wohnraum im Vordergrund und er will verhindern, dass in Garching ein zweites Riem entsteht, "wo die Bauträger alle die gleichen Gebäudetypen hinstellen. Das ist mir und vielen anderen ein Graus". Garching soll mehr sein als eine Schlafstadt, findet Dombret. Er nennt den Domagkpark der Wagnis-Genossenschaft in München als "wunderbares Beispiel dafür, wie es gut laufen kann". Beeindruckt hat ihn das Mobilitätskonzept mit Car-Sharing-Autos in der Tiefgarage, Lastenrädern vor der Haustür. Der Stellplatzschlüssel betrage 0,5 "und selbst den nutzen sie nicht aus", sagt Dombret.

Seiner Ansicht nach sind Genossenschaftsmodelle die zeitgemäße und "super-intelligente Antwort" auf die Immobilienentwicklung im Münchner Raum. Und sie böten die Chance, viele persönliche Wünsche zu verwirklichen, etwa Kinderbetreuung im Haus, Gemeinschaftsräume, Co-Working-Flächen und, und, und. "Die Projekte sind immer besser, je bunter sie sind." Deswegen würde eine Genossenschaft auch auf eine gute Mischung der Leute setzen. Dombret, gelernter Bankkaufmann und Betriebswirt, weiß, was auf ihn zukommt, will er das Projekt zum Erfolg führen. "Das wird viel Zeit, Liebe und Energie konsumieren", konstatiert er.

Denn er spricht von einer Größenordnung von circa 150 Wohnungen und einem Kapitalbedarf von circa 15 bis 20 Millionen Euro, der größtenteils von der Bank finanziert werden müsste. Orientiert an den Zahlen der Domagk-Siedlung könnte das für den Einzelnen grob gerechnet bedeuten, wenn er eine 100-Quadratmeter-Wohnung beziehen möchte, müsste er circa 90 000 Euro einzahlen. Wer nur Mitglied sein möchte, könnte etwa 1000 Euro einzahlen und bekäme Zinssätze, die höher als die bei Banken wären, erklärt Dombret.

Möglich wären auch Patenschaftsmodelle. Also Menschen zahlen das Geld ein für andere, die es sich nicht leisten können, die Einlagen zu leisten. Das Geld bleibt erhalten, es wird ausgezahlt, wenn jemand die Genossenschaft verlässt. Die Anteile sind vererbbar, nicht jedoch das Wohnrecht, dafür müsste jemand Mitglied sein.

Menschen mit gemeinsamem Nenner

Natürlich wäre es einfach, wenn sich die Garchinger Interessenten jetzt an eine Genossenschaft anschließen würden. "Der Vorteil wären Kompetenz und Geld", sagt Dombret, die würde man gewinnen. Es gibt jedoch auch Nachteile: "Aufgeben muss ich dafür die Unabhängigkeit und das Vergaberecht." Deswegen setzt er auf ein Eigengewächs. "Die Frage ist nur, gibt es eine kritische Menge an Menschen, die das Projekt umsetzten wollen und finden sie einen gemeinsamen Nenner?"

Wer Interesse hat, sich solche Modelle näher anzuschauen, kann am 12. und 13. Juli den Münchner Projekttag im Gasteig besuchen, empfiehlt Dombret. Oder mal auf die Internetseite von "Gemeinsam in Garching"l schauen. Die Stadt hat jedenfalls beschlossen, im September eine Informationsveranstaltung zu organisieren, um das Projekt bekannt zu machen. Die Ausschreibung zur Vergabe soll Mitte 2020 stattfinden. Bis dahin müssten die Garchinger ein Konzept erarbeitet haben.

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Quelle:
SZ vom 08.07.2019
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