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Flüchtlingsunterkünfte:Kein Platz für Deutschkurse

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Die Feel-Home-Unterkünfte für Asylbewerber erhalten viel Lob für ihren hohen Wohnstandard. Gemeinschaftsräume für Deutschkurse und andere Angebote der Helferkreise sind im Konzept nicht vorgesehen. Ein Mangel, kritisieren Ehrenamtliche.

Von Irmengard Gnau und Stefan Galler, Landkreis

Ob es um Sprachkurse geht, die Unterstützung bei Behördengängen oder das Zurechtfinden am neuen Wohnort: Die Helferkreise leisten einen großen Beitrag dazu, die ankommenden Asylbewerber in den Landkreiskommunen aufzunehmen. Hunderte Bürger engagieren sich ehrenamtlich. Für ihre wertvolle Arbeit sind auch die zuständigen Behörden dankbar, wie nicht zuletzt Landrat Christoph Göbel (CSU) immer wieder betont. Für ihre Angebote brauchen die Helfer jedoch eine gewisse Infrastruktur - insbesondere geeignete Räume. Diese aber sind in den Unterkünften nicht immer vorgesehen.

"Gemeinschaftsräume sind ein entscheidendes Plus", fasst Yvonne Meininger vom Helferkreis Asyl in Ismaning ihre Erfahrung zusammen. Dort findet Sprachunterricht statt, die Freiwilligen können Beratungsgespräche führen, Hausaufgabenbetreuung oder gemeinsame Freizeitaktionen anbieten und so Kontaktmöglichkeiten für die Asylbewerber schaffen.

Wenn sie zu den Kursen weit fahren müssen, kommen die Flüchtlinge häufig nicht

Liegen solche Sozialräume allerdings weit von den Unterkünften - die sich nicht selten am Ortsrand befinden - entfernt, so die Erfahrung der Ehrenamtlichen, stelle der Transport einen großen logistischen Aufwand dar. Und damit auch ein Motivationshemmnis. Den Ismaninger Helfern macht es deshalb Sorge, dass bei der Feel-Home-Unterkunft für 224 Menschen, die der Privatinvestor, das Büro Ehret und Klein, in den kommenden Monaten östlich der Bundesstraße B 471 bauen will, Gemeinschaftsräume für die Arbeit der Ehrenamtlichen bisher nicht vorgesehen sind.

Feel-Home-Häuser gibt es im Landkreis bereits in Taufkirchen, Haar und Gräfelfing, weitere sind in Oberhaching, Ottobrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, und Planegg geplant. Jedes der modular aufgebauten Holzhäuser besteht aus vier Wohnungen für je acht Personen, mit Küchenzeile und Bad. In den Unterkünften in Haar, Taufkirchen und Gräfelfing steht je eine Wohnung als Büro für den Sicherheitsdienst und die Sozialbetreuer des Landratsamts, die regelmäßig Ortsbesuche machen, zur Verfügung.

Die Helfer tun sich schwer, Kontakt zu den Bewohnern aufzubauen

Für die Helferkreise sind hingegen keine eigenen Flächen vorgesehen. "Unglücklich", findet das auch Walter Albrecht vom Asylhelferkreis in Taufkirchen. Die Ehrenamtlichen täten sich schwer, Kontakt zu den Bewohnern der neuen Feel-Home-Häuser aufzubauen, erklärt er, unter anderem, weil es keine festen Besprechungsräume gebe, die sie regelmäßig nutzen können.

Auch bei einem Treffen der Helferkreise kürzlich wurde die Raumsituation thematisiert. Albrecht hofft nun, dass das Landratsamt eine Lösung findet. Der Landrat setzt jedoch andere Prioritäten, wie er in der Sitzung des Kreisausschusses am Montag verdeutlichte: "Klarerweise brauchen die Helferkreise Räume", sagte Göbel und betonte, dass man differenzieren müsse: "Dabei handelt es sich aber nicht um Gemeinschaftsräume in den Unterkünften." Es sei wichtiger, größere Wohnungen zu schaffen, schließlich "hoffen wir, dass die Familien bald auf eigenen Beinen stehen und dann brauchen sie möglichst viel Raum".

Die Pressestelle des Landratsamtes unterstreicht die Aussagen: "Beim Konzept der Feel-Home-Unterkünfte steht das selbständige Wohnen im Fokus", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. "Die in Großunterkünften für Gemeinschaftsnutzung vorgesehenen Flächen werden beim Feel-Home-Konzept den einzelnen Wohneinheiten zugeschlagen."

Landrat Göbel regte an, verstärkt "vorhandene Gebäude in den jeweiligen Gemeinden" für Zusammenkünfte der Helferkreise zu nutzen, beispielsweise Bürgerhäuser. In vielen Kommunen ist das bereits gängige Praxis. Doch nicht alle Gemeinden haben geeignete Räumlichkeiten oder der Weg von den Unterkünften dorthin ist weit. Helferkreise setzen sich daher für Räume direkt an den Unterkünften ein. Die Diskussion ist noch nicht zu Ende: Inwieweit Gemeinschaftsflächen künftig in die Wohnkonzepte integriert werden sollen und wer dafür die Kosten trägt, damit werden sich die Kreisgremien demnächst befassen, heißt es aus dem Landratsamt.

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Quelle:
SZ vom 09.03.2016
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