Süddeutsche Zeitung

FC Bayern München: Erlebniswelt:Ort der Emotionen und Erinnerungen

Lesezeit: 3 min

Der FC Bayern will seine Erfolgsgeschichte in der Allianz-Arena dokumentieren und die Fans sollen die Exponate beisteuern. Nur: Was wird es zu sehen geben - außer durchgeschwitzten Trikots?

Andreas Schubert

Nürnberg, 12. Juni 1932: Der FC Bayern steht im Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft. Gegner ist Eintracht Frankfurt - gerade läuft die 35. Minute, als Ossi Rohr nach einem Handspiel des Gegners zum Elfmeter antritt und diesen sicher verwandelt. Vom Elfmeterpunkt steigt Staub auf an diesem heißen Tag - 30 Grad soll es damals gehabt haben - und Ossi Rohrs Treffer legt den Grundstein für den ersten nationalen Titel des damals 32 Jahre alten Vereins.

Die Dramatik jenes Strafstoßes hat ein Künstler auf einem Ölgemälde verewigt; vom nächsten Jahr an wird es voraussichtlich in der Allianz-Arena zu sehen sein - im neuen Museum des FC Bayern. Seit dem endgültigen Ausstieg des TSV 1860 im April 2008 ist der FC Bayern alleiniger Gesellschafter der Allianz Arena GmbH. Und weil ein normales Museum nicht reicht, plant der Rekordmeister in einem bisher nicht ausgebauten Bereich über den Fanshops eine "Erlebniswelt", in der neben Trophäen alle möglichen Arten von Erinnerungsstücken ausgestellt werden sollen.

Die Eröffnung ist für die Saison 2011/2012 geplant. Wie groß die Ausstellungsfläche letztlich wird, ist derzeit noch geheim. Doch glaubt man dem Aufruf von FCB-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Fanmagazin zum Bundesligastart, soll das Ganze "weltweit die beste und innovativste Ausstellung zur Geschichte eines Fußballklubs" werden - ein "Ort der Emotionen". Das Konzept entwickelt das Stuttgarter Designbüro Ranger, das seit gut 20 Jahren unter anderem Ausstellungen und Museumskonzepte gestaltet - etwa im Jüdischen Museum Göppingen, oder im Deutschen Zweiradmuseum Neckarsulm.

Mit dem Thema Fußball ist Kurt Ranger, der für die Planung verantwortlich ist, schon vertraut, wenn auch in kleinerem Ausmaß. Vor vier Jahren hat sein Büro zur Fußball-WM eine Ausstellung über "Weltmeister aus Baden-Württemberg" im Neuen Schloss Stuttgart gestaltet. Jetzt gehe es darum, auf "hoffentlich großer" Fläche ein möglichst breites Publikum anzusprechen.

Sogenannte Erlebniswelten gibt es in München diverse. Die Stadt weist etwa die Fröttmaninger Arena an sich, das SeaLife-Aquarium, die Bavaria Filmstadt oder die Volkssternwarte als solche aus. Auch der Autobauer BMW lockt Scharen von Besuchern in seine "BMW-Welt".Für Kurt Ranger hat der Begriff Erlebniswelt, wie er sagt, einen klaren Anspruch: "Wir wollen eine spannende Geschichte erzählen." Dazu gebe es viele Möglichkeiten wie Filme, Schautafeln mit Fotos, Texte, Zitate und - vor allem - viele interaktive Elemente.

Vorgesehen ist unter anderem ein "Walk of Fans" mit Tondokumenten von Fangesängen, ausgestellten Kutten und Fahnen, Exponate, mit denen auch die anderen Abteilungen des Vereins präsentiert werden sollen, sowie eine Kuriositätenschau. Die Ausstellung müsse plakativ sein, sagt Ranger. "Wir wollen aber nicht nur die Erfolge des FC Bayern zeigen, sondern auch Hintergrundinformationen bieten. Auch Kenner, die den Verein schon seit vierzig Jahren begleiten, sollen noch etwas Neues entdecken."

Damit das gelingt, haben die Bayern ihre Fans dazu aufgerufen, sich an der Ausstellung mit interessanten Sammlerstücken aus der Vereinsgeschichte zu beteiligen. Allein in den ersten drei, vier Tagen nach Rummenigges Aufruf im Fanmagazin haben sich laut Ranger etwa 60 Fans gemeldet, die potentiell interessante Devotionalien besitzen und diese dem Museum zur Verfügung stellen würden. Was letztlich genommen wird, entscheiden die Ausstellungsmacher zusammen mit den Arena- und FCB-Chefs voraussichtlich bis Ende dieses Jahres.

Momentan gibt es unter anderem die Pokalsammlung aus dem Bestand des FCB mit Stücken aus den Jahren zwischen 1900 und 1920 sowie schriftliche Zeugnisse wie alte Spielerverträge - Exponate, die zum Teil auch aus Sammlungen von Spielern und Funktionären stammen. 80 Prozent des Konzepts seien schon fertig, sagt Kurt Ranger. Die endgültige Planung richte sich auch danach, welche Stücke noch zusammenkommen. Neben der Dauerausstellung soll es in der Erlebniswelt außerdem noch wechselnde Ausstellungen geben, zum Beispiel zu Jubiläen, sowie Platz für Workshops und Vorträge.

Was übrigens Löwen-Fans zu der geplanten FCB-Welt sagen werden, damit hat sich Jürgen Muth, Geschäftsführer der Allianz-Arena, nicht auseinandergesetzt. Dass der TSV 1860, der noch auf unbestimmte Zeit Mieter im Fröttmaninger Stadion ist, sich vor den Kopf gestoßen fühlen könnte, glaubt er nicht.

Laut Muth ist die Idee zur Erlebniswelt auf der FCB-Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr entstanden, auf der Fanvertreter den Wunsch nach einem Museum geäußert hätten. "Alle großen Vereine haben so etwas", sagt er, trotzdem habe man noch gewartet. "Wir wollten die Allianz-Arena erstmal auf gefestigte Füße stellen", sagt Muth. Er hält sich über die Inhalte des Ausstellung und über deren Kosten noch bedeckt. Er könne sich aber vorstellen, dass "durchschwitzte Originaltrikots" zu sehen sein werden, genauso wie Exponate, die an die glorreiche Zeit der Bayern in den siebziger Jahren erinnern.

Ob dazu auch die Mao-Bibel Paul Breitners gehört, ist ebenfalls noch offen. Das Endspiel von 1932 wird voraussichtlich aber zu sehen sein - in Ausschnitten aus einer Wochenschau. Es endete 2:0, Torschütze war Franz Krumm. Aber das dürften echte FCB-Fans wissen - und Löwen wird es ohnehin nicht interessieren.

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Quelle:
SZ vom 02.09.2010
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