Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Möglichst viel Strom vom Dach

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Der Gemeinderat von Höhenkirchen-Siegertsbrunn lässt die Kontroversen über die Rentabilität von Sonnenenergie hinter sich. Auf dem neuen Feuerwehrhaus soll die maximale Fläche für eine Photovoltaikanlage genutzt werden

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Bei der Energiewende drückt die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn jetzt aufs Tempo. Der Bauausschuss des Gemeinderats hat trotz höherer Kosten beschlossen, die maximale geeignete Dachfläche auf dem neuen Feuerwehrhaus in Siegertsbrunn für Solarpanele zu nutzen und auch möglichst große Speicherkapazität zu schaffen. Damit ging man sogar über den Vorschlag der Energieagentur Ebersberg-München hinaus, die drei Anlagenvarianten ausgearbeitet hatte. Bis zu 100 Kilowatt Spitzenleistung soll die Anlage haben. Es wird die erste, die die Gemeinde in Eigenregie betreiben wird.

Die Arbeiten am neuen Feuerwehrhaus am Ortsrand in Richtung Egmating schreiten voran. Es ist mit zuletzt kalkuliert um die fünf Millionen Euro aktuell das teuerste Bauvorhaben in der Gemeinde. Jetzt will man auch bei der Photovoltaik-Anlage nicht geizen und gut 460 Quadratmeter Kollektorfläche auf dem Flachdach der Fahrzeughalle und auf beiden Seiten des Satteldachs am Hauptgebäudes installieren. 85 000 Euro an Investitionskosten ohne Planung und Nebenkosten hat Energieberaterin Elisabeth Haberthaler für die Anlage kalkuliert. In gut elf Jahren soll sich die Ausgabe amortisieren. Das Klima profitiert freilich vom ersten Tag der Inbetriebnahme an. Gut 52 Tonnen CO₂ soll die Anlage, die Anfang 2021 laufen könnte, vermeiden helfen.

Haberthaler hatte noch zwei Varianten vorgeschlagen, die bei einer Dachbelegung nur auf Teilen des Flachdachs und auf der Westseite des Satteldachs mit 30 Kilowatt peak etwa ein Drittel der Leistungsfähigkeit erbringen würden, wobei eine Variante mit einem Stromspeicher durchgerechnet war. Haberthaler kam dafür auf lediglich 36 000 Euro beziehungsweise 48 000 Euro an Investitionskosten und eine Amortisationszeit, die sich mit zehn Jahren und zwölf Jahren nur um etwa ein Jahr von der großen Variante unterscheiden würde. Die Anlage zwei würde 19 Tonnen CO₂ im Jahr einsparen, die kleine Anlage drei mit Stromspeicher 18,5 Tonnen. Dabei zeigte sich, wie kompliziert sich die Kalkulation in Zeiten einer sinkenden Einspeisevergütung darstellt. Relevante Faktoren sind, wann Strombedarf am Feuerwehrhaus entsteht und wann der höchste Stromertrag je nach Position der Kollektoren erwartet wird. Eine Höchstleistung zur Mittagszeit sei nicht erstrebenswert, sagte Haberthaler. Die Energieversorger hätten dann auch Schwierigkeiten, die Überkapazitäten im Stromnetz zu regulieren.

Noch bei der mittlerweile installierten Photovoltaik-Anlage auf dem Gemeindebau an der Sportplatzstraße, die von der Bürgerenergie Unterhaching betrieben wird, hatte es im Gemeinderat eine Kontroverse über Rentabilitätsfragen gegeben. Doch mittlerweile ist der Ausbau der regenerativen Energiegewinnung am Ort Konsens. Max Lachner (Allgemeine Freie Wählergemeinschaft) riet dazu, nicht zu klein zu denken. Man solle "das Maximale rausholen" bei der Photovoltaik und etwa nicht darüber nachdenken, wie Energieversorger mit ihrem Netz zurechtkämen.

Dorothee Stoewahse von den Grünen sagte, das Ziel müsse sein, Strom auch im Süden der Republik zu produzieren und nicht nur "den Ökostrom von irgendwoher" zu holen. Die Zinskosten seien gering, eine Investition deshalb gut zu schultern. Peter Guggenberger (CSU) sagte, die relativ günstige Amortisationszeit bei der ganz großen Variante könne helfen, Kämmerin Christine Schmidt die Ausgabe "schmackhaft zu machen". Die Verwaltung hatte auch auf Anraten der Kämmerin die günstigste Variante ohne Stromspeicher für 36 000 Euro empfohlen. Auch Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) war schließlich dafür, für den Klimaschutz in die Vollen zu gehen. Kämmerin Schmidt war in der Sitzung des Bauausschusses nicht anwesend.

87 000 Kilowattstunden Strom soll die von Energieberaterin Haberthaler kalkulierte Anlage, die noch optimiert werden soll, im Jahr produzieren. Die Feuerwehr wird knapp zehn Prozent davon selbst verbrauchen. Zuschüsse für den Bau sind laut Rathaus nicht zu erwarten. Die Gesamtkapitalrendite liegt bei 6,9 Prozent. Aktuell liegt der Deckungsanteil der Photovoltaik am Gesamtstromverbrauch in Höhenkirchen-Siegertsbrunn bei 9,7 Prozent. 0,7 Prozent regenerativer Stromanteil kommen aus Biomasseanlagen hinzu.

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SZ vom 27.07.2020
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