Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie im Landkreis:Warten auf den schnellen Test

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Der Landkreis hat die von der Staatsregierung versprochene Menge an Test-Kits noch nicht erhalten. Einige Kommunen organisieren jetzt Reihentestungen in Schulen selbst. Auch Apotheken steigen ein.

Von Sabine Wejsada, Landkreis

In einer Zeit, in der im Landkreis München 1400 Impftermine mit dem Vakzin von Astra Zeneca storniert werden müssen, das Infektionsgeschehen in den Städten und Gemeinden aber seit Tagen Fahrt aufnimmt und sich die Virusmutanten rasant verbreiten, ist eine vernünftige Teststrategie momentan der einzige Weg, um über etwaige Lockerungen überhaupt nachdenken zu können.

Doch auch hier hapert es gewaltig, wie Landrat Christoph Göbel (CSU) am Donnerstagnachmittag bei seiner wöchentlichen Corona-Konferenz beklagte: So fehle es nach wie vor an den vom bayerischen Gesundheitsministerium versprochenen Schnelltests etwa für Schüler. Die bisher gelieferten Kits sind ausschließlich für das Kita- und Lehrpersonal reserviert. Es würden "viel zu wenige" geliefert, sagte Göbel, das sei "sehr ärgerlich". An diesem Freitag sollen wie schon in der Vorwoche wieder welche ankommen, die am nächsten Dienstag von der Kreisbehörde an die Kommunen weitergereicht werden.

Angesichts dieser Widrigkeiten ist der Landkreis seit einiger Zeit mit den Städten und Gemeinden in Abstimmungsgesprächen darüber, inwieweit die Test-Kapazitäten vor Ort ausgebaut werden können. Bereits 19 Kommunen hätten ihre Bereitschaft signalisiert, heißt es aus dem Landratsamt. Während mancherorts noch überlegt wird, wie und wo bei Erzieherinnen und Lehrern regelmäßig Abstriche genommen werden können, hat die Gemeinde Unterföhring bereits Fakten geschaffen. Dort laufen seit dem 19. Februar freiwillige Reihentestungen.

Termin fürs Personal an Kindertagesstätten und Schulen

Immer dienstags können Bedienstete aller Tagesstätten sowie von Grundschule und Gymnasium Schnelltests machen, am Freitag folgen dann jeweils PCR-Tests. Etwa 140 Personen kommen dazu ins Bürgerhaus, wie Felix Kinzinger, Leiter des Ordnungsamtes und Chef der Corona-Taskforce im Rathaus, berichtet. Dass die Resonanz auf das Angebot der Gemeinde, die bei den Abstrichen mit dem MKT Krankentransport zusammenarbeitet, "durchweg positiv" ist, bestätigt Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU). Vorerst bis Mai wolle man diesen Service anbieten, in Absprache mit dem Landkreis.

Wenn es nach den Verantwortlichen in Unterföhring geht, dann würde die Gemeinde das Test-Angebot gerne auf alle Bürger ausweiten - vorausgesetzt, es gibt genügend Tests vom Freistaat. Die Vorbereitungen laufen bereits, doch bislang sei die Finanzierung noch nicht geklärt, berichtet Kinzinger. "Wir warten eigentlich nur noch auf das Go", sagt er. Auch was Schnelltests für Schulen angeht, wollen die Unterföhringer laut dem Bürgermeister die Initiative ergreifen, um den Präsenzunterricht für Schüler und Lehrer nach den Osterferien so sicher wie möglich zu machen. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch andernorts. Die Städte und Gemeinden sollen die Tests für Schüler beschaffen, die Kosten dafür übernimmt der Landkreis nach einem Beschluss des Kreisausschusses vom Montag, wie eine Behördensprecherin sagt.

Während bei den kommunal organisierten Schnelltests also noch einige Hürden genommen werden müssen, können sich alle, die wollen, seit dem 8. März einmal in der Woche zum Beispiel kostenlos in Apotheken testen lassen. Nach den Worten von Peter Aurnhammer, Sprecher der Apotheker im Landkreis und Pharmazeut in Ismaning, wird diese Möglichkeit von den Leuten sehr gut angenommen. "Jeden Tag machen wir Schnelltests im dreistelligen Bereich", sagt Aurnhammer. Abstriche gemacht werden dürfen nur bei symptomfreien Kunden. Das Publikum ist gemischt: Neben zahlreichen Eltern mit Kindern kommen Geschäftsleute, die sich vor einem Meeting testen lassen, oder Jugendliche, die am Wochenende die Oma besuchen möchten, und Senioren, die vor einem Kaffeekränzchen sicher gehen wollen, dass keiner den anderen ansteckt.

Apotheker in Schutzausrüstung

Die Apotheker seien "sehr gefordert", sagt Aurnhammer. Man müsse das Testen in die ganz normale Arbeit integrieren, brauche einen eigenen Raum - und freilich Schutzausrüstung: Handschuhe, Kittel, Maske und Visier sind ein Muss, um einen Abstrich nehmen zu können. Er und die meisten seiner Kollegen sähen das aber pragmatisch. Man wolle mit dem Angebot in dieser Ausnahmesituation gerne helfen, sagt er. Aurnhammer weiß aber auch von Kollegen, die mangels Platz keine Schnelltests anbieten können.

Für die Beschaffung der Kits sind die Apotheker nach Angaben des Ismaningers selbst verantwortlich, die Abrechnung erfolgt am Monatsende über die Kassenärztliche Vereinigung. "Spannend", nennt das Aurnhammer, denn normalerweise hätten Pharmazeuten mit dieser nichts zu tun. Allein in Ismaning beteiligen sich vier Apotheken am Schnelltesten, die Termine lassen sich bequem online oder telefonisch buchen; auf der Homepage des Landkreises sind weitere Pharmazien zu finden, an die sich Bürger wenden können.

Auch Landrat Göbel setzt voll auf eine ausgeweitete Teststrategie, er wolle weitere "Beauftragungen" möglich machen, Drittanbieter und private Betreiber einbinden, noch mehr Apotheker zum Testen animieren - Tests sollten nahezu überall möglich sein, von der "kleinen Büroeinheit", bis zur "Drive-through-Station". Es brauche eine Ausweitung der Öffnungszeiten in den 17 Testzentren im Landkreis und mehr Personal. Es müsse zudem möglich sein, in Testzentren "kontrollierte Selbsttests" zu machen, hierfür sei kein professionelles Personal notwendig, sagte Göbel. Dann erhalte der Getestete ein entsprechendes Zertifikat. So, glaubt der Landrat, seien mögliche Lockerunge der Corona-Beschränkungen zu erreichen. Die beiden Säulen bleiben also weiterhin: Impfen und Testen.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2021
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