Süddeutsche Zeitung

Designierte CSU-Kandidatin:Kristina Frank radelt in den Wahlkampf

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Im Radl-Taxi will die designierte OB-Kandidatin mit Promis und "Alltagshelden" reden - und herausfinden, wie München tickt.

Von Heiner Effern

Als Symbol, dass "alles anders" oder "ganz neu" in diesem Wahlkampf werden soll, dient ein weißes Radl-Taxi. Das hat die CSU eigens aus Italien importiert und mit Kristina Franks Namen verziert, damit jeder erkennen kann, wer hier auf Stimmenfang ist. Die designierte Oberbürgermeister-Kandidatin wird damit nun aber nicht die neun Monate bis zur Kommunalwahl kreuz und quer durch die Stadt strampeln, sondern gezielt Leute einladen, darin mit ihr über die Stadt zu sprechen.

Ein professionelles Filmteam wird die Unterhaltung aufzeichnen, und der Zusammenschnitt wird über Franks Homepage und die sozialen Medien verbreitet. Dort soll, wenn es nach den Strategen der CSU geht, geteilt, gepostet und kommentiert werden, was das Zeug hält. Die besten Ideen aus dem Netz sollen dann ins Kommunalprogramm der CSU einfließen. "Wahlkampf 4.0" nennt sie ihren Plan.

Zur Präsentation des Konzepts haben Frank, Bezirkschef Ludwig Spaenle und Bürgermeister Manuel Pretzl in die City Kinos in der Sonnenstraße eingeladen. In der Passage davor steht das weiße Vehikel, auf der Leinwand drinnen spricht die OB-Kandidatin mit Pfarrer Rainer Schießler und dem Fotografen Michael von Hassel. Die Stadt gibt den Rahmen, es geht in den kurzen Sequenzen zum Beispiel um den schnellen Takt des Alltags, das Wachstum, den kostenlosen Nahverkehr oder die Sehnsucht, mal weniger zu bedenken und mehr auszuprobieren in München. Die Filme, die in der Langversion etwa 20 Minuten dauern, sollen aus den Gesprächspartnern und später den Internetnutzern herauslocken, wie die Stadt tickt. Besonders abseits der üblichen Kommunikationswege der Politik.

Für den digitalen Wahlkampf, der damit anlaufen soll, hat sich die CSU natürlich auch einen schicken Namen ausgedacht. Man kann im Netz schließlich kaum mit Radl-Ratsch oder irgendsowas punkten. Das Format heißt "BikeTalk", was zumindest optisch mit Pfarrer Schießler leicht schief anläuft: Der sitzt lieber an der Isar als in der Frankschen Fahrraddroschke. Bis Ende des Jahres soll jeweils ein Film pro Monat online gehen, wer die Gesprächspartner nach Schießler und von Hassel sind, wird noch streng geheim gehalten. Es sollen aber nicht nur Promis oder Experten sein, sondern auch normale, engagierte Bürger, die bei Frank "Alltagshelden" heißen.

Ihre Vorstellung des BikeTalk klingt ein bisschen so, als ob die Agentur ein paar Brocken Werbedeutsch hineingeschmuggelt hat. "Ich will quer denken", sagt sie. Dazu will sie auch "die Scheuklappen ablegen", damit sie auch weiter nach rechts und links blicken könne als im Alltag. "Raus aus dem eigenen Dunstkreis" und auch der Komfortzone. Gespräche "an der frischen Luft, in Bewegung, auf Tuchfühlung" führen. Heraushören, wie die optimale "City-life-balance" aussehen könnte. Die Schwarmintelligenz in den sozialen Medien solle dafür aus anderer Perspektive ermitteln, was die Münchner DNA sei.

Ziemlich modern alles, sagt CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle. So etwas habe er in seinen 40 Politikerjahren noch nie erlebt. Die Münchner CSU könne halt auch Wahlkampf im Netz, "besser als die CDU und die moralinsauren Grünen". Die SPD kommt auch kurz vor, allerdings wie neuerdings in der Partei üblich eher als Randnotiz. Und auch nur analog. Dass die Sozialdemokraten ihre Plakatständer zur Europawahl nun neu beklebt hätten und darauf etwa für eine kommerzfreie und umweltnahe Isar werben würden, sei "absurd", findet Frank. Da werde Papier verschwendet auf Basis einer Sonderregelung nach der Wahl, die zum Plakatabbau und nicht zum neu Bekleben gedacht sei.

Und noch eines wollte die CSU klarstellen. Dass dem kleinen Bus aus der Kampagne von Josef Schmid nun ein Fahrrad-Taxi folgt, bedeute nicht, dass man die Grünen bei deren Verkehrswende rechts überholen wolle. Dass auch Bezirkschef Spaenle und Bürgermeister Pretzl mit E-Bikes gekommen sind, alles Zufall. Weil es grad praktisch war. Abends zum Angeln fahre er weiter mit dem Auto, versichert der Bürgermeister. Ihre analogen oder motorisierten Wähler will die CSU schon auch noch erreichen.

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SZ vom 01.06.2019
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