Süddeutsche Zeitung

Immobilienmarkt:Ein lukratives Immobiliengeschäft: das Studentenwohnheim

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Von Stefan Mühleisen, München

Eine erschwingliche Wohnung in München zu finden, ist schon für Normalverdiener schwierig; für Studenten mit schmalem Budget gleicht die Suche nach einer günstigen Bleibe aber einem Glücksspiel. Seit einigen Jahren hat die Privatwirtschaft den dringenden Bedarf an Studenten-Buden als lukratives Geschäftsmodell erkannt. Dabei kommen die Investoren kaum hinterher, den Andrang zu befriedigen. "Die Nachfrage ist sehr hoch. Wir hätten noch eine weitaus größere Anzahl an Einheiten verkaufen können", sagt Florian Brandt, Sprecher der Geschäftsführung der Grammer Immobilien Gruppe.

Das Unternehmen aus Amberg hat in Freimann beidseits der Freisinger Landstraße zwei Studentenwohnheime mit insgesamt 900 Apartments errichten lassen. Das Konzept: Die Firma kauft die Grundstücke und zieht Blöcke mit jeweils rund 20 Quadratmeter großen Apartments hoch. Diese werden dann einzeln oder in Chargen an Anleger verkauft, die die kleinen Wohnungen an Studenten vermieten. "Die Warteliste der Mietinteressenten ist schier grenzenlos", berichtet Brandt, der den durchschnittlichen Mietpreis mit 450 Euro beziffert.

In München steigt, wie in der gesamten Republik, die Zahl der Studenten stetig, Wohnheimplätze gemeinnütziger Träger sind extrem gefragt. Nach Angaben des Studentenwerks sind allein in München derzeit 5368 Studenten auf der Warteliste. Es dauert zwischen ein und vier Semester, bis die Bewerber ein Angebot erhalten. Manche sagen allerdings die Offerten ab, weil sie auf dem Wohnungsmarkt etwas gefunden haben - neben WG-Zimmern mieten sich dabei viele in Studentenapartments privater Anbieter ein.

Das hat sich inzwischen zu einem prosperierenden Segment auf dem Immobilienmarkt entwickelt, wie Grammer-Sprecher Brandt bestätigt. Wenn das laufende Projekt in Martinsried fertig ist, wird die Firma neben München auch in Regensburg und Nürnberg insgesamt 2000 Apartments realisiert haben. Vor allem München sei als wachsender Wissenschaftsstandort ein attraktiver Markt für Studenten-Apartments, sagt Brandt.

Das bestätigt ein anderer Akteur in diesem Wachstumssegment: Die Firma Classic Bautreuhand aus Heilbronn investiert seit Jahren in den Bau von "Microapartments", wie diese Art der Wohnungen auch genannt wird: In Giesing entstanden zwei Wohnheime mit 130 und 140 Zimmern, in Bogenhausen eines mit 307. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren für ein weiters Projekt in Freimann. An der Freisinger Landstraße hat Classic Bautreuhand das Gebäude der ehemaligen Druckerei Biering gekauft; es soll abgerissen und an seiner Stelle ein 170 Meter langer Komplex mit 355 Apartments realisiert werden. "An allen Standorten sind die Einheiten zügig verkauft", berichtet der Geschäftsführer von Classic Bautreuhand, Frank Schumm. Und in allen Häusern stehen nach seinen Worten bis zu 40 Studenten als Mietinteressenten auf der Warteliste.

Durchschnittlicher Mietpreis: 600 Euro

Ausgesprochen preiswert sind die Apartments nicht, Schumm nennt für die geplante Freimanner Anlage einen durchschnittlichen Mietpreis von 600 Euro. Der Geschäftsführer rechtfertigt dies mit dem hohen Preis für den Grundstückskauf sowie einer gehobenen Ausstattung des Neubaus: Parkett, Fußbodenheizung, elektrische Rollläden. Dazu sind Fitness- und Lernbereiche eingeplant, ein Dachgarten sowie eine Sportanlage mit Bouldern, Beachvolleyball und Tischtennis.

Unter Lokalpolitikern werden solche Projekte oft misstrauisch beobachtet. Denn sie wissen, dass Studentenwohnheime mit einem niedrigeren Stellplatzschlüssel gebaut werden dürfen, dem Bauherrn somit mehr Platz für Wohnraum, also mehr Rendite bleibt. Es fragen sich viele, wer eigentlich kontrolliert, dass dort dann tatsächlich Studenten wohnen.

Brandt und Schumm betonen unisono: Voraussetzung für die Baugenehmigung sei immer, dass jedes Apartment mit einer sogenannten Grunddienstbarkeit belegt wird. Das heißt: Der Eigentümer verpflichtet sich, nur an Studenten und Menschen in Ausbildung zu vermieten. Grammer Immobilien hat nach eigenen Angaben in seinen Wohnheim-Komplexen die Hausverwaltung übernommen - und verlangt von jedem Neumieter einen Ausbildungsnachweis oder eine Immatrikulationsbescheinigung.

Wie ein Behördensprecher mitteilt, haben gezielte Kontrollen seitens der Lokalbaukommission bislang noch nicht stattgefunden. Allerdings liegt dem Planungsreferat eine Beschwerde des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann für "einen Fall aus dem Münchner Norden" vor, wie die Behörde mitteilt: Es werde nun geprüft, "ob sich die tatsächliche Nutzung im Rahmen der Genehmigungslage bewegt".

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Quelle:
SZ vom 07.03.2017
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