Süddeutsche Zeitung

Hauptbahnhof:Illegale Rotlicht-Szene im Sperrbezirk wächst

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Tänzerinnen in den Bars rund um den Hauptbahnhof klagen über auffällig viele Prostituierte. Was dahintersteckt.

Von Birgit Lotze

In der Stadt sind etwa 2000 Prostituierte aktiv. Doch darüber hinaus soll es eine Dunkelziffer geben, die offenbar vor allem im Bahnhofsviertel wächst. Über auffällig viele Zuhälter und Prostituierte im Sperrbezirk klagen derzeit die Mitarbeiterinnen der Tabledance-Bars. Auch Kriminaldirektor Clemens Merkl, der das Dezernat für Organisierte Kriminalität in München leitet, sieht einige Gründe dafür, dass "die Sitte" mit der Bereitschaftspolizei derzeit häufiger am Hauptbahnhof im Einsatz ist als früher.

Auf die Forderung der Tabledance-Bar-Mitarbeiterinnen, die Stadt und die Polizei sollten noch weit mehr gegen die illegale Rotlicht-Szene vorgehen, reagiert Merkl jedoch eher gelassen. Die Polizei habe genügend Möglichkeiten, um präventiv einzuschreiten. "Man sieht nicht alles, was wir machen."

Polizei greift 24 nordafrikanische Frauen auf

Vor zehn Tagen gelang der Kripo ein Schlag gegen die illegale Rotlicht-Szene. Bei einer Kontrolle in einem Nachtclub an der Schillerstraße stießen die Beamten auf 24 Frauen, bei denen der Verdacht der Prostitution besteht. Die Kripo habe konkrete Hinweise gehabt, dass dort Prostitution angebahnt wird und Drogen eine Rolle spielen, sagt Merkl.

Im Nachtclub fanden die Beamten eine eher hochpreisige Szene vor, keine Laufkundschaft. "Niemand sprach deutsch, Touristen aus dem arabischen Raum, Irak und Kuwait vor allem." Die 24 Damen, die die Kripo der Prostitution verdächtige, seien aus einem Kulturraum. "Das muss organisiert sein, denn es schneien ja nicht 24 Frauen so einfach mal schnell aus Marokko herein. Wir haben auch eine Person im Fokus, den wir für den Zuhälter halten." Neu sei für die Münchner Polizei, dass nordafrikanische Frauen verwickelt gewesen seien.

Problem mit Armutsprostitution im Bahnhofsviertel

Parallel habe sich eine ganz andere Szene im Bahnhofsviertel etabliert: die Armutsprostitution auf der Straße. Die Frauen sprächen gezielt Passanten an. Sie gingen auch in Bars um Kunden zu bekommen. "Manche Freier wissen inzwischen auch längst, wo man diese Frauen findet." Viele seien jung, unbedarft, wenig gebildet und würden durch ihre Zuhälter abgeschottet.

Clemens Merkl sprach sich in dem Zusammenhang für eine Altersgrenze von 21 Jahren aus. "Man darf vergleichsweise unter 21 Jahren nicht in eine Spielbank, man kann keinen Lkw-Führerschein machen. Aber man ist dann bereits angeblich reif genug, um sich für die Prostitution selbstbestimmt zu entscheiden." Die meisten der illegalen Prostituierten hätten sich nicht von alleine herbegeben, sondern seien unter falschen Versprechungen hergebracht worden.

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