Süddeutsche Zeitung

Halbzeitbilanz:Händler beklagen schwaches Weihnachtsgeschäft

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Von Pia Ratzesberger

Die Kaufingerstraße zeigte sich am Wochenende genau so, wie man das erwartet hatte: voll. Kaum ein Durchkommen, die Massen schoben sich an den Schaufenstern entlang. Es wirkte, als machten die Händler in der Altstadt ein gutes Geschäft, jeder suchte nach Präsenten. Doch viele sind wohl noch immer auf der Suche, denn noch warten die Geschäfte auf den großen Ansturm an den Kassen.

"Bisher lief es nicht gut für den Münchner Einzelhandel", sagt ein Sprecher des Handelsverbandes Bayern (HBE), man sei enttäuscht. Etwa 2,1 Milliarden an Umsatz habe man sich im November und Dezember erhofft, also etwa ein Fünftel des Jahresumsatzes, so viel mache das Weihnachtsgeschäft in München stets aus. In kaum einer anderen deutschen Großstadt ist die Kaufkraft so hoch wie hier, im vergangenen Jahr konnte ein Münchner im Schnitt 30 786 Euro ausgeben, (zum Vergleich: in Frankfurt am Main waren es 24 688 Euro und in Berlin 20 202 Euro), also etwa 2500 Euro im Monat.

In der Adventszeit aber neigen die Münchner bisher nicht zum Prassen, man liege noch unter dem Umsatz des Vorjahres, sagt der Sprecher des Handelsverbandes. Ob man die mehr als zwei Milliarden schaffe, sei nicht sicher. "Immerhin aber haben wir noch zwei Wochen vor uns."

Beim HBE führt man den geringeren Konsum vor allem auf das milde Wetter zurück: Bei zehn Grad kaufe niemand eine Winterjacke oder gefütterte Stiefel, auch niemand eine Skiausrüstung, wenn die Hänge in den Bergen noch immer grün daliegen. Diese Branchen hätten es derzeit deshalb am schwersten: die Textil- und Schuhhändler sowie die Läden, die Wintersportartikel verkaufen.

Im Galeria Kaufhof am Marienplatz beobachtet Geschäftsführer Thomas Seybold ganz Ähnliches bei seiner Kundschaft, in diesem Jahr laufe das Weihnachtsgeschäft schwächer als zuvor. Der vergangene Samstag sei in Ordnung gewesen, wenn auch noch immer nicht zufriedenstellend.

Wollschals und Handschuhe kaufe derzeit auch bei ihm kaum jemand, gut gehe dagegen "alles, was mit einfachen Mitteln fernzusteuern ist". Drohnen, Autos und Hubschrauber für unter 20 Euro verlangen in der Spielwarenabteilung immer mehr Menschen, nicht nur als Geschenk für die Kinder, sondern auch für Erwachsene, genauso wie Smartwatches, kleine Computer am Handgelenk. Seybold vermisst allerdings die Touristen, wie er sagt, seinem Eindruck nach kämen in diesem Jahr weniger in die Innenstadt. Das allerdings sehen nicht alle so.

Gerade am vergangenen Wochenende hätten die Händler sehr wohl von den Besuchern aus der Schweiz und Österreich profitiert, widerspricht Wolfgang Fischer von City Partner München e.V., dem Zusammenschluss der Geschäfte in der Innenstadt. In diesen Ländern nämlich ist der 8. Dezember, Mariä Empfängnis, ein Feiertag, den darauffolgenden Brückentag am Freitag hätten dann wohl manche freigenommen und für eine kurze Reise genutzt.

Das dritte Wochenende sei das bisher beste gewesen, berichtet Fischer, am ersten Adventswochenende hätten sich in der Altstadt zwar auch die Besucher gedrängt, doch kaum einer habe große Tüten getragen, nun bessere sich das. Weil der Advent sich diesmal über 28 Tage zieht, glaubt Fischer, dass viele ohnehin erst am kommenden Samstag ihre Geschenke besorgen, dann nämlich sei noch immer eine Woche Zeit bis Heiligabend.

Auf die späten Käufer also warte man noch. Auch beim Handelsverband Bayern hofft man auf das kommende Wochenende, genau wie auf die Woche nach Weihnachten, in der ein Tag manchmal genauso viel Umsatz bringe wie ein Adventssamstag. Dann lösen viele Gutscheine ein oder kaufen sich mit geschenktem Geld ein eigenes Weihnachtspräsent.

Einer Branche kann das Wetter ziemlich egal sein, auch von den Touristen ist sie nur bedingt abhängig: die Buchbranche. Ruft man dieser Tage bei Regina Moths in der Rumfordstraße 48 an, dauert es einige Minuten, bis sie abhebt, so viel Kundschaft ist im Laden. Bei ihr laufe es hervorragend, sagt Moths, Bücher seien ein beliebtes Geschenk, wie immer eben. Vielleicht zahle sich aber auch aus, dass sie an ihre Kunden schon früh eine Liste mit Buchempfehlungen verschickt habe. Viele nämlich verlangten nun nach genau dieser Lektüre, sie muss wieder auflegen - die Kundschaft.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2016
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