Süddeutsche Zeitung

Haidhausen:Marktstände am Wiener Platz dürfen bleiben

Lesezeit: 2 min

Von Franz Kotteder, München

Seit Monaten dauert der Streit an über die Zukunft der Marktstände am Wiener Platz. Jetzt ist die Wende da, und sie ist in etwa so spektakulär, als würde Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) plötzlich verkünden, der Gasteig werde nun doch abgerissen und neu gebaut. Im Falle des Wiener Platzes ist es nur umgekehrt.

Da hat die Stadtverwaltung in Gestalt der Markthallen München (MHM) - als kommunaler Eigenbetrieb eine Unterabteilung des Kommunalreferats - seit Monaten auf dem Standpunkt beharrt, die alten Marktstände müssten abgerissen werden, man könne sie nicht sanieren. Am Mittwoch gab es nun einen Ortstermin am Wiener Platz mit Dieter Reiter - und seitdem ist alles ganz anders.

"Die alten Marktstände am Wiener Platz sollen erhalten bleiben", beginnt die Mitteilung aus dem Büro des Oberbürgermeisters, sie sollten mit dem Ziel des Bestandsschutzes saniert werden. Reiter habe sich mit Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle und dem für die Markthallen zuständigen Werkleiter Boris Schwartz zu dem Ortstermin getroffen. Das Ergebnis: "Die Verantwortlichen sind sich einig, dass eine Sanierung des Markts am Wiener Platz im Bestand möglich ist."

Die Marktleute und viele Haidhauser wird das freuen, sofern sie es tatsächlich glauben können. Denn über Monate hinweg kam von Seiten der Stadt nur eine Botschaft für sie: Die größtenteils knapp 70 Jahre alten Marktstände genügten modernen Hygiene- und Brandschutzvorschriften nicht mehr und müssten deshalb leider abgerissen werden. Stattdessen sollten drei große Pavillons auf dem Platz entstehen, in denen die bisherigen Händler unterkommen könnten. Lediglich das sogenannte Fisch-Häusl bleibe erhalten - aus Denkmalschutzgründen.

Verfahrene Situation durch die Vorschriften des Lebensmittel- und Gaststättenrechts

Für diese Pläne hatte das Kommunalreferat einen Sturm der Entrüstung geerntet. Marktkaufleute und Haidhauser Bürger sammelten 8000 Unterschriften gegen das Vorhaben, auch der örtliche Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger (CSU) schaltete sich ein. Es gab Sondersitzungen des Bezirksausschusses, schließlich sogenannte Konsensrunden von Verwaltung, Händlern und Anwohnern, bei denen von Konsens nicht allzu viel zu spüren war.

Anfang Mai gab es sogar eine Resolution des Landesdenkmalrats, der - angespitzt vom CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper - von einer "unpassenden Modernisierung" sprach und eine "Zerstörung des Platzcharakters" durch die Neubaupläne befürchtete. Stefinger und Brannekämper hatten schon eine Landtagspetition in Vorbereitung und freuen sich jetzt, "dass der Oberbürgermeister nun auf den CSU-Kurs eingeschwenkt ist".

Der Grund für die verfahrene Situation waren vor allem die gesetzlichen Vorschriften des Lebensmittel- und Gaststättenrechts. Am Wiener Platz verkaufen einzelne Stände auch Fleisch und Fisch, ihre Kühl- und Lagerräume befinden sich jedoch nicht im Stand, und das widerspricht den Lebensmittelgesetzen. Außerdem gibt es am Platz sechs Stände, die Alkohol ausschenken oder einen Imbiss betreiben, und da schreibt das Gaststättenrecht zwingend eine Personal- und eine Gästetoilette vor, womit die Stände auch nicht dienen können.

Demzufolge müssten am Wiener Platz nicht weniger als 15 neue Toiletten gebaut werden. Dass sich da möglicherweise doch noch etwas machen ließe, signalisierte das Kreisverwaltungsreferat als zuständige Ordnungsbehörde erst in den vergangenen drei Wochen.

Nun die sehr überraschende Kehrtwende. "Über die Unterstützung des Oberbürgermeisters sind wir sehr froh", sagt das Büro von Kommunalreferent Axel Markwardt (SPD), "es war ohnehin zu keinem Zeitpunkt unser Wunsch, den Markt komplett abzureißen". Für die Markthallen bestehe nun "die nötige Planungssicherheit, wie die nächsten Schritte des Sanierungsprojekts zusammen mit dem Kreisverwaltungsreferat zügig auf den Weg gebracht werden können".

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Quelle:
SZ vom 09.06.2016
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