Süddeutsche Zeitung

Auszeichnung:Streit um Verleihung des Karl-Valentin-Ordens für Andreas Gabalier

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Die Narrhalla will ihn in diesem Jahr dem österreichischen Musiker umhängen - doch viele halten Gabalier für rechtsnational und frauenfeindlich.

Von Michael Zirnstein, München

Statt um "Helau" geht es jetzt um "Hallihallo". Das ist ein Lied des österreichischen Musikers Andreas Gabalier, den die Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla an diesem Samstag in ihrer Soiree im Deutschen Theater mit dem Karl-Valentin-Orden behängen möchte. Seit das verkündet wurde, ziehen immer wieder Anhänger des Münchner Vorzeige-Komikers von Alt-OB Christian Ude bis zur Tochter des Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer, Eva Faessler, gegen diesen "Skandal" zu Felde. Herbert Becke vom Valentin-Karlstadt-Förderverein "Saubande" wirft dem Nominierten in einem Brief an Oberbürgermeister Dieter Reiter "rechtsnationales, frauenfeindliches und homophobes Gedankengut" vor. Vorwürfe, die immer mal wieder von Gabalier-Gegnern erhoben werden - um sogleich vom Künstler und seinen Fans zurückgewiesen zu werden.

Gezwungenermaßen hat sich also Sabine Rinberger, Leiterin des Valentin-Karlstadt-Musäums, intensiver mit dem Werk des derzeit erfolgreichsten deutschsprachigen Sängers beschäftigt. So stieß sie auf das Video zu "Hallihallo", in dem Gabalier eine "Lipstick Lady" anhimmelt, deren Dekolleté mit Kuheutern überblendet wird, welche vom Sänger gemolken werden. "Also ich als Frau finde das extrem frauenfeindlich", sagt Rinberger. Auch einige der Äußerungen Gabaliers, der sich auf Nachfrage der SZ nicht zum aktuellen Streit äußern wollte, hält sie für hochproblematisch - etwa dass er, der Gottesfürchtige, vor Weihnachten der Wiener "Linkspresse" in einem Konzert riet, in der Krippe Ochs und Esel zu spielen.

Auch wenn der Grazer stets beteuert, sich nicht von den Rechten vereinnahmen zu lassen, so machten ihr als geschichtsbewusstem Menschen Zeilen wie "Italiener, Deutsche, und Japaner grüßen tun wir uns" im Lied "Biker" klar, "in welchem Lager der ist. Da drehen sich einem Herz und Magen um." Dass die Narrhalla den "Volks-Rock'n'Roller" in ihrer Begründung als Nachfahren der Volkssänger rühme, zeugt für die Musäums-Direktorin von Unkenntnis: "Das ist eine ganz eigene Münchner Kunstform." Und Valentin habe sich immer gegen Volkstümelei gestellt. Gabalier also einen Orden im Namen Valentins zu verleihen, "das halte ich für kriminell, man hat da doch eine Verantwortung".

Derer sei man sich durchaus bewusst, sagt Günter Malescha, Zweiter Vorsitzender der Narrhalla. Man habe sich mit dem Ordensträger in spe "ernsthaft beschäftigt". Viele der vorgeworfenen Aussagen seien "aus dem Zusammenhang gerissen - nur weil einer auf Mädels steht, ist er noch lange nicht homophob". Mit dem undotierten Orden würdige man diesmal "das Lebenswerk" eines Künstlers, der eine besondere Verbundenheit zu München habe (sein zehnjähriges Sängersein feiert er heuer im Olympiastadion) und "etwas kann", nämlich "Stimmung machen - meine Güte, es geht um Spaß, das ist ein Faschingsorden!" Die Narrhalla habe "nicht den Anspruch, dass der Geehrte so witzig oder im Sinn von Valentin interpretierbar sein muss". Das sei nun seit 1968 so, als ihnen Bertl Böheim gestattet habe, einen Orden mit dem Namen ihres Vaters zu verleihen. "Die Narrhalla hat Valentin damals erst wieder ins öffentliche Bewusstsein geholt", sagt Malescha, das sollten die "selbsternannten Valentin-Wächter" honorieren.

Sabine Rinberger legt der Narrhalla nahe, den Orden umzubenennen. Oder sich vor der nächsten Wahl von den Experten mit ihrer "geballten Kompetenz" beraten zu lassen. Die Karl-Valentin-Gesellschaft vergibt "als Gegengewicht" seit 2007 den eigenen "Großen Karl Valentin Preis" (etwa an Fredl Fesl oder an Helge Schneider). Schon länger verhandelt Rinberger mit dem Kulturreferat darüber, dass die Stadt diese Auszeichnung - ob dotiert oder ideell - unterstützt, "damit es nur um die Kunst geht".

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SZ vom 29.01.2019
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