Süddeutsche Zeitung

Segeltörn um die Welt:Kokosnüsse, Kolonialkirchen, Kriminelle

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Gebrochene Ruder, eine Nierenkolik oder Straßenräuber: Stefan Blasberg kann nichts bremsen. Seit fast einem Jahr segelt er mit seinem Kajütboot um die Welt - und meldet sich nun von der Küste Brasiliens.

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck/Rio de Janeiro

Hinter ihm dürften an die 14 000 Kilometer liegen - vor ihm liegt der Rest der Welt: Der in Fürstenfeldbruck aufgewachsene Stefan Blasberg ist im vergangenen August in seiner Wahlheimat Griechenland aufgebrochen, um auf der Abraxas, einem betagten Einmast-Kajütsegelboot, die Welt zu umrunden. Der 45-Jährige, dessen großes Abenteuer seine in der Kreisstadt lebenden Eltern Reni und Gert Blasberg genau verfolgen, wird von seinem guten Freund Aleko auf einem eigenen Boot begleitet.

Die beiden ließen sich durch gerissene Segel, gebrochene Ruder, den Ausfall der Elektronik, den Kontakt zu einem schlafenden Wal, einer Nierenkolik oder auch einen Überfall durch Straßendiebe auf den Kapverden nicht bremsen. Bereits im April erreichten sie die Küste Brasiliens, des fünftgrößten Landes der Erde. Die SZ berichtet in lockerer Folge über den Fortgang des Projekts Weltumseglung.

Mittlerweile ist Stefan Blasberg in dem kleinen Städtchen Paraty angekommen, das zwischen den Metropolen Rio de Janeiro und São Paulo liegt. Mit etwa 37 000 Einwohnern ist es vergleichbar mit Fürstenfeldbruck. Die Temperaturen liegen mit zurzeit 21 Grad eher etwas unter dem heimatlichen Niveau. Zeit haben die beiden Freunde zwar fast ohne Ende. Eigentlich wollten sie dennoch bereits weiter sein als in dem Ort mit seinen malerischen Kirchen aus der Kolonialzeit und dem von Palmen gesäumten Kopfsteinpflaster.

Der hiesige Winter mit sehr wechselhaftem und teils stürmischem Wetter" habe sie gebremst, sagt Stefan Blasberg. Und weil es Richtung Uruguay "noch unschöner und kälter" wäre, " haben wir uns auf den letzten knapp 2000 Kilometern entlang der Küste viel von diesem faszinierenden Land angesehen und viele Stopps eingelegt". Brasilien offenbart sich als beeindruckend und sehr abwechslungsreich, viele Städte werden angelaufen, das Hinterland, aber auch Rio, mit Bussen oder zu Fuß erkundet. Stefan und Aleko ankern in Flüssen und vor Inseln, auf denen es neben Affen und Papageien lediglich "Milliarden von Moskitos" gibt. Sie ernähren sich von selbst gefangenen Fischen, Bananen, Kokosnüssen und Mangos aus dem Urwald.

Auf Surfbrettern paddeln sie durch unberührten Dschungel und baden unter paradiesischen Wasserfällen. Weniger paradiesisch ist die wohl auch auf die großen Klassenunterschiede zurückzuführende hohe Kriminalität in der Gegend. Stefan Blasbergs Kreditkarte wird irgendwo heimlich ausgelesen, kopiert und dann für Abhebungen missbraucht. Plötzlich steht er "ganz ohne Geld am anderen Ende der Welt" und muss sich mit den Banken herumschlagen.

Eines Nachts klettern Diebe über die Ankerkette an Bord, nehmen mit, was schnell zu greifen ist und verschwinden dann wieder in der Dunkelheit. Der Verlust von Brille und Schuhen schmerzt fast genau so wie der eines Tablet-PCs. Stefan und Aleko entschließen sich trotz ihres schmalen Budgets, sich von solchen Vorkommnissen die Laune nicht verderben zu lassen.

Bislang sind sie immer selbst mit heiler Haut davongekommen - das ist das Wichtigste: "So was gehört eben alles dazu bei so einem Abenteuer." Langsam heißt es Abschied nehmen von Brasilien, das bekannt ist für den Zuckerhut, den Karneval in Rio und die riesigen tropischen Regenwälder. "Wir segeln jetzt langsam weiter nach Uruguay" sagt Stefan Blasberg. Langweilig wird es ganz gewiss nicht. Danach warten schon Argentinien, die stürmische Passage über Patagonien und die unendlichen Weiten des Pazifik.

Teil 1 ("Auf einer Nussschale um die Welt") ist am 13. April erschienen. Weitere Informationen unter www.alekistan.com

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Quelle:
SZ vom 29.07.2015
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