Süddeutsche Zeitung

Event:"Eine Feier des Lebens"

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Die Freunde Haus der Kunst erfreuen sich an einer fröhlichen "Amid Summer Night", bis die Party-Crasher kommen. Bei der Benefiz-Auktion werden Werke in Höhe von 600 000 Euro versteigert.

Von Evelyn Vogel, München

Die Party-Crasher kamen eine halbe Stunde vor Mitternacht - in Gestalt von Polizeibeamten. Die Musik von Sound-Artist und DJ Peter Adjaye sei zu laut. Das sahen die unter dem Videomapping von Betty Mü auf der legendären Terrasse tanzenden Gäste der Gala und Benefiz-Auktion der "Haus der Kunst Freunde" naturgemäß ganz anders. Und weil keiner der für die Kunst wie die Musik gleichermaßen brennenden Anwesenden nach der Versteigerung aufs Abtanzen verzichten wollte, wurde das DJ-Pult kurzerhand gemeinsam in den Terrassensaal getragen, wo es dann bis weit nach Mitternacht weiterging.

Etwa 600 000 Euro erbrachten die 35 Kunstwerke und Event-Lose des Abends. Damit konnte man zwar das letztjährige Auktionsergebnis von mehr als 900 000 Euro nicht toppen, aber es fielen auch keine Lose durch. So brachten Leinwandarbeiten von Kendell Geers und Ben Willikens 38 000 beziehungsweise 34 000 Euro, die Installation "Family" von Hans Op de Beeck wurde mit 31 000 Euro, ein Siebdruck von Anne Imhof für 30 000 Euro zugeschlagen. Konkurrenten, die um eine zweiteilige Arbeit von Marina Faust boten, wurden spontan zur Bietergemeinschaft und teilten das Werk friedlich untereinander auf. Und wie schon im vergangenen Jahr gingen besonders die Event-Lose wieder ab wie eine Rakete. Das letzte Los des Abends, ein künstlerischer Abend mit Alexandra Helmig im Kinderhaus, schwang sich von 1500 Euro auf 12 000 Euro empor.

Unter dem Motto "Amid Summer Night" wurden sie von Christie's-Auktionator Dirk Boll - der selbst im Kuratorium des Freundeskreises ist - mit Charme und Verve unter den Gala-Gästen versteigert. 280 waren der Einladung von Vorstandsvorsitzender Silvia Langen zum Dinner auf der Terrasse am Englischen Garten gefolgt, darunter zahlreiche Menschen aus Kultur und Wirtschaft - die Politiker-Kaste hingegen war wie immer dünn vertreten. Etliche der Gäste engagieren sich mittlerweile selbst bei den Freunden Haus der Kunst. Ein gutes Zeichen dafür, dass nach den vielen Turbulenzen der zurückliegenden Jahre nicht nur Ruhe in den Förderverein eingekehrt ist, sondern auch eine Freude am Dabeisein herrscht, die geradezu ansteckend zu sein scheint. Weitere 70 Flaneure kamen zum Late Night Entry, wo neben Musik und Dessert auch eine Performance von Cyber Moves zu später Stunde in die Ausstellung von Dumb Type lockte.

Begonnen hatte die Veranstaltung jedoch schon am sehr frühen Abend bei sommerlichen Temperaturen im Westflügel. Dort konnten die Kunstspezialisten ihre Favoriten genauer in Augenschein nehmen, was gut war, denn später bei der Auktion ging es nur noch anhand des Katalogs. Manchen potenten Interessenten führte Elisabeth Lörcher, eine durch ihre langjährige Sammlertätigkeit ausgewiesene Kennerin zeitgenössischer Kunst, auch persönlich durch die kleine Ausstellung. Lörcher war bislang die Stellvertreterin von Silvia Langen im Vorstand und ist nunmehr ins Kuratorium gewechselt. Ihren Platz hat Gabriele Castegnaro, Juristin und frühere Geschäftsführerin des Modehauses Konen, übernommen.

Lörcher war es auch, die für die Beschaffung der Kunstwerke zuständig war. Was ihr von Langen bei der Begrüßungsrede nicht nur großen Dank, sondern auch den Ehrentitel "Aquise-Queen" bescherte. Von "außerordentlichen Maßnahmen in außerordentlichen Zeiten" sprach Langen und von einer "Feier des Lebens", mit der man auch Andrea Lissoni für sein erfolgreiches Programm danken wolle. Der aus Mailand stammende, in München bis dahin weithin unbekannte Kurator war im Herbst 2019 überraschend zum neuen künstlerischen Direktor des Hauses berufen worden und musste unter Pandemiebedingungen starten. Doch Lissoni hat es mit seinem vielfältig gestalteten Programm geschafft, ein neues, sehr viel jüngeres Publikum ins Haus zu locken. "Zwei komplizierte Jahre" lägen hinter ihnen allen. Die letzten Monate seien "ein Abenteuer" gewesen, sagte Lissoni, der sich für die Unterstützung bei den Freunden bedankte.

"Super happy" sei er auch, dass er die noch von dem ehemaligen Direktor Okwui Enwezor geplante Ausstellung der Medien- und Performancekünstlerin Joan Jonas nun im Haus der Kunst realisieren könne. Diese wäre eine Übernahme aus der Tate Modern in London gewesen, war aber im von personellen und finanziellen Querelen geprägten Jahr 2018 abgesagt und durch eine Markus-Lüpertz-Schau ersetzt worden. Dass Lissoni selbst damals der Kurator der Ausstellung an der Tate war, erweist sich nun als Glücksfall. Am 9. September wird die lang ersehnte Präsentation in München zu sehen sein.

Vor allem zur Finanzierung dieser Ausstellung wurde diese "Amid Summer Night" im Haus der Kunst veranstaltet. Und ein Sommernachtstraum, der alle Beteiligten glücklich machte, wurde es dann auch - trotz polizeilicher Party-Crasher.

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