Süddeutsche Zeitung

Munich Harley Festival:Großer Auftritt für Angels und Bandidos

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Wenn die wilden Biker kommen: Beim ersten Münchner Harley-Davidson-Festival in Hallbergmoos stehen die ehemals verfeindeten Rockergruppen "Hells Angels" und "Bandidos" Schulter an Schulter. Insgesamt feierten Tausende Motorradfans mit Stuntshows und Rockmusik.

Alexandra Vettori

Kein Choreograph hätten das so hinbekommen: Als am Samstag längst die Zufahrten zum Hausler-Hof wegen Überfüllung geschlossen sind und nur noch der Shuttlebus verkehrt, dringt dumpfes Blubbern durch die Hitze. In einer Staubwolke tuckern sie von hinten heran, hundert schwere Motorräder, darauf die einst verfeindeten Rockerclubs Hell's Angels und Bandidos, in geschlossener Reihe. Die Menge weicht ehrfürchtig, keiner wagt, den martialischen Gestalten beim Einzug durch das Tor mit den Flammenfahnen im Weg zu stehen.

Ja, es gibt sie noch, die harten Männer, die nicht von Benzin aus nachwachsenden Rohstoffen träumen, nicht nach Deo duften und so breitbeinig daherkommen, wie sie auf ihren Maschinen sitzen. Beim ersten Munich Harley Festival am Wochenende sind sie zu bewundern. 5000 Besucher bevölkern am Samstag das Gelände.

Wenn der Harley Owners Club, mit über einer Million Mitglieder der größte Motorradclub der Welt, einlädt, ist das Sehen so wichtig wie das Gesehen werden. Die Einfahrt ist nur auf Harleys erlaubt, Honda & Co müssen draußen bleiben. Die Einfahrt mündet in eine Art Walk of Fame, flankiert von Zuschauern. Wer hier durchfährt, kann weder mit furchterregendem Geschau, noch mit Gesichtsverhüllung die Genugtuung verbergen

. Hier sitzt auch Burghard, Director des Chapters Nürnberg. Chapters, erklärt er, hießen die Ortsgruppen des Harley Owners Club. Sein Chapter war heuer schon bei Treffen in Wien, auf Sardinien, in Hamburg."Es macht einfach Spaß, die Typen zu sehen. Da ist alles dabei, renommierte Geschäftsleute, Beamte - bis hin zu Leuten aus dem Milieu." 35000 Kilometer im Jahr legt er mit seiner Electra Glide Ultra zurück, ein Schiff von Motorrad, mit Koffern und Antennen.

Ein Stück weiter sind die Maschinen geparkt. Hier fachsimpelt eine Gruppe Mittdreißiger, darunter Alex und Thorsten vom Chapter Isartal. Sie beschreiben den Harleygeist so: "Der Krach, das Lebensgefühl." Was Harleyfahrer auszeichne, sei die Individualität. "Ganz viel Geld und ganz viel Zeit" investiert Thorsten in das Hobby, allein der Auspuff seiner mattschwarzen Maschine kostete 3000 Euro.

Hier steht auch Carl aus Indianapolis. Seine Road Glide Ultra haben ihm Soldatenkollegen mit dem Schiff gebracht. Seit einer Woche ist er unterwegs, aus Italien über die Alpen, Schweiz, da sei er froh über die Sitzheizung gewesen, erzählt er. Der Harleyspirit? "Just freedom" - und das 2000 Kilometer oder zehn Tage lang.

Wo viel Individualität, da viel Geschäft. Nicht umsonst bietet das Festival eine Zeltstadt mit Verkaufsständen. Da gibt es den Airbrush-Shop für kunstvolle Tankbemalungen, handgenähte Satteltaschen, Bikerstiefel-Schuhcreme, Totenkopfschmuck, Babylederjacken und ein Fotostudio für Zweiradporträts. Interessant auch die Turbotents, aufblasbare, sich selbst errichtende Garagenzelte mit Antisturmfaktor.

Schließlich aber wendet sich die Aufmerksamkeit der Stuntshow auf dem Walk auf Fame zu. Als Höhepunkt nebelt der Fahrer sein johlendes Publikum in Wolken aus Gummiabrieb ein, mit gezogener Handbremse lässt er den Motor heulen. Viele zücken die Fotoapparate, lichten die grauen Wolken ab, die schwarzen Schmierstreifen - und als der Hinterreifen mit einem markerschütternden Knall endlich platzt, wird auch der schlappe Reifen zum Fotomotiv.

Und dann findet sich doch noch ein Hinweis, dass die verweichlichte Moderne auch in Biker-Kreise einzieht, ein unschuldiges Schild verrät es: "Hier Latte Macchiato."

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Quelle:
SZ vom 11.07.2011
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