Süddeutsche Zeitung

Geschäfte schließen wegen Coronavirus:"Die Sicherheit geht jetzt vor"

Lesezeit: 3 min

Die Corona-Fallzahlen steigen weiter. Geschäfte, die nicht für die Grundversorgung nötig sind, müssen von Mittwoch an schließen. So mancher Ladeninhaber macht sich jetzt Sorgen darüber, wie er die Miete bezahlen soll.

Von Friederike Streib, Freising

Die bayerische Staatsregierung hat wegen des Coronavirus den Katastrophenfall ausgerufen. Von Dienstag an müssen alle Freizeiteinrichtungen in Bayern schließen. Die Gastronomie darf ihrem Betrieb ab Mittwoch nur noch eingeschränkt nachgehen. Ausschließlich Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Drogerien, Tankstellen, Reinigungen, Post sowie Bau- und Gartenmärkte können öffnen, um die Grundversorgung sicherzustellen. Das gilt vorerst für zwei Wochen. Damit soll der Anstieg der Fallzahlen verlangsamt werden. Im Landkreis Freising ist die Zahl positiv getesteter Personen mittlerweile auf 87 gestiegen. Das Kombibad "Fresch" ist bereits seit Sonntag geschlossen, und Landrat Josef Hauner hat zudem angeordnet, dass der Termin zur Schuleinschreibung an diesem Dienstag, 17. März, im Landkreis Freising entfällt.

In Freising scheinen die Menschen immer noch relativ gelassen zu sein: Am Montagvormittag sind viele Menschen in der Innenstadt unterwegs und sitzen in Cafés. Doch auch hier sind die angekündigten Maßnahmen Thema - vor allem in den Geschäften: "Natürlich sind wir nicht glücklich über die Schließung," sagt Marianne Steiger am Montagvormittag im "Stoff Atelier", "aber die Sicherheit, dass wir uns nicht gegenseitig anstecken, geht jetzt vor." Am Samstag sei noch viel los gewesen und die Leute hätten sich mit Stoffen eingedeckt, so Steiger. Man brauche ja auch etwas zu tun, in der freien Zeit. Einige Geschäfte werden nun am Dienstag vorerst ein letztes Mal geöffnet haben.

Maximal drei Kunden gleichzeitig im Teeladen

Bei anderen herrscht derweil Unklarheit, ob man von den Maßnahmen überhaupt betroffen ist. So auch im Freisinger "Tee Paradies". "Es ist nicht klar, ob der Teeladen als Lebensmittelgeschäft gilt oder nicht," erklärt die Verkäuferin Ludmilla Rumpff. Solange sie geöffnet habe, stehe Sicherheit aber an erster Stelle: Maximal drei Kunden dürfen sich momentan gleichzeitig im Laden aufhalten. Am Montagvormittag gab es vor dem Geschäft deshalb eine kleine Schlange. "Wir müssen jetzt vernünftig sein und wollen durch diese Regelung das Infektionsrisiko verringern", sagt Ludmilla Rumpff.

Ungewissheit herrscht auch im "Fashion & More". Günther Sesselmann führt in seinem Laden sowohl Biolebensmittel als auch nachhaltige Mode. "Wir führen Lebensmittel, aber eben nicht nur, deshalb bin ich nicht sicher, ob wir schließen müssen. Niemand weiß so wirklich wo es lang geht," sagt Sesselmann. Ihn beschäftigt auch, wie er Miete bezahlen soll, wenn der Laden vorübergehend schließen muss. Denn selbst wenn er ein Darlehen bekäme, säße er am Ende des Jahres auf hohen Schulden, die er zurückzahlen müsse. Hier wünscht sich Sesselmann noch mehr Klarheit von der Regierung.

"Die Zeit nutzen, um uns online aufzustellen"

Wenn es dazu kommt, dass keine Kunden mehr in den Laden kommen dürfen, gibt es aber schon Überlegungen: "Eine Idee ist, den Verkauf per Telefon aufrecht zu erhalten und die Zeit zu nutzen, um uns online aufzustellen." Das sei dann immerhin noch möglich, so Sesselmann. Reine Lebensmittelläden bleiben geöffnet, um die Grundversorgung der Bürger aufrecht zu erhalten. Zu einer Versorgungsknappheit soll es nicht kommen. Die Öffnungszeiten sollen laut Bundesregierung sogar auf Sonntag ausgeweitet werden. "Früchte Schweiger" könnte öffnen, hat aber ein ganz anderes Problem: Personalmangel. "Für den normalen Betrieb brauchen wir vier bis fünf Leute. Da aber einige Mitarbeiter wegen der Kinderbetreuung oder aus Altersgründen vorsorglich Zuhause bleiben, krank sind oder wegen eines Verdachtsfalls unter Quarantäne stehen, fehlt es uns an Personal", erklärt Hans Schweiger. Das Geschäft bleibe deshalb für eine Woche geschlossen, in der Hoffnung, dass man den Betrieb danach wenigstens mit einer Notbesetzung wieder aufnehmen könne.

Darüberhinaus bleiben einige Einrichtungen in der Stadt Freising ab sofort geschlossen: Die "Freisinger Tafel" hat am Montag entschieden, die Ausgabe von Lebensmitteln mit sofortiger Wirkung einzustellen. Der Krisenstab um den Vorstand der Tafel hat dies aufgrund der Dynamik der Pandemieentwicklung beschlossen. Die Schließung gilt bis auf weiteres, mindestens bis voraussichtlich 20. April. Auch die Stadtbibliothek Freising schließt bis vorerst Samstag, 28. März. Die maximale Anzahl der Verlängerungen wurde erhöht, sodass alle Medien bis mindestens 19. April verlängert werden können. Bereits Entliehenes kann über die Medienrückgabeklappe zurückgegeben werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4847526
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.03.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.