Süddeutsche Zeitung

Hochschule Weihenstephan:Kurs für eine Welt ohne Hunger

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An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf absolvieren 25 junge Wissenschaftler aus Afrika einen Kurs über nachhaltige Agrarproduktion.

Von Petra Schnirch, Freising

Ein ungewohnt farbenfrohes Bild bot sich am Montag bei einem Festakt an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Unter die dezente Anzüge und Kostüme tragenden Gäste mischten sich 25 junge Leute, die überwiegend in bunte Trachten gekleidet waren - und sie waren auch die Hauptpersonen an diesem Tag. Die jungen Wissenschaftler aus zehn afrikanischen Ländern absolvieren in den kommenden fünf Monaten einen Postgraduiertenkurs an der HSWT. Die Feier mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller war Begrüßung und Auftakt des "Ausbildungspakts mit Afrika" zugleich.

"Das ist ein besonderer Tag", sagte Müller, "hier wird Zukunft gemacht." Die jungen Leute - es ist bereits der zweite Kurs - kommen aus Äthiopien, Ghana, Kamerun, Kenia, Malawi, Mosambik, Nigeria, Sambia, Togo und Tunesien. In dem Weiterbildung geht es um nachhaltige Agrarproduktion, die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln und neue Geschäftsideen. Ziel ist es, wie Projektkoordinator Otmar Seibert erklärte, dass die Menschen in diesen Ländern nicht nur Tomaten oder Mangos anbauen und diese direkt verkaufen, sondern sie weiterverarbeiten: Gemüse und Früchte zum Beispiel trocknen oder Säfte produzieren. Dadurch entstehe Beschäftigung und die Ware werde länger haltbar. Die Absolventen sollen als Multiplikatoren dienen, zum Teil sind sie aber auch selbst Landwirte wie Bethel Mweemba, 32, aus Sambia. Ihr Ziel ist es, auf ihrer Farm innovative Produkte zu entwickeln.

Ausgewählt werden nur 25 Bewerber

Die Auswahlkriterien sind hart. Die Bewerber müssen über einen Bachelor in Landwirtschaft und einen Master verfügen. An grünen Innovationszentren, die das Entwicklungshilfeministerium in 14 afrikanischen Ländern aufgebaut hat, wird eine Vorauswahl getroffen. Nach Telefoninterviews mit 50 Interessenten wählt die HSWT 25 aus. 13 von ihnen sind diesmal Frauen. Sie seien in Afrika besonders aktiv, sagte Seibert, deshalb sei es gewollt, dass ihr Anteil in den Kursen sehr hoch ist. Die drei besten Ideen der Teilnehmer will die Baywa-Stiftung fördern. Kurssprache ist Englisch, die Teilnehmer lernen aber auch Deutsch.

Vor allem in Afrika wachse die Bevölkerung sehr schnell, sagte Müller, bis 2050 werde sie sich voraussichtlich verdoppeln. Die Lösung der Ernährungsfrage sei deshalb eine "Überlebensfrage". Ziel sei eine "Welt ohne Hunger", jedes dieser Länder könnte sich selbst ernähren und sogar Waren exportieren. Über die Postgraduiertenkurse hinaus sind ein Dozentenaustausch und Praktikantenprogramme geplant, außerdem ein E-Learning-Programm. Zum Start gewährt das Ministerium drei Millionen Euro für den Ausbildungspakt. Es sieht darin Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen.

Wichtige Aufgaben sind laut Müller ein lokal angepasster Sortenanbau mit höheren Erträgen, innovative Anbaumethoden, eine angepasste Mechanisierung, eine bessere Weiterverarbeitung der Produkte und die Weitergabe von Know-how. Der Minister kündigte am Montag an, dass dem Ausbildung- in den kommenden Monaten ein Technologie- und Anwendungspakt folgen soll. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf will langfristig drei Partnerhochschulen für eine Zusammenarbeit in Afrika finden, wie Vizepräsident Carten Lorz ausführte. Nur ein Ineinandergreifen von Praxis und akademischer Ausbildung könne die Probleme lösen.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2019
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