Süddeutsche Zeitung

Freisinger in Berlin:Ihr erster Tag im neuen Bundestag

Lesezeit: 2 min

Die Bundestagsabgeordneten des Landkreises Johannes Huber (AfD) und Erich Irlstorfer (CSU) nehmen am 24. Oktober an der konstituierenden Sitzung des Parlaments teil.

Von Clara Lipkowski, Freising

Das Klingeln hört sich ein wenig an wie der Feueralarm früher in der Schule, am Dienstag, 24. Oktober, ist es aber für die Abgeordnete das Zeichen, sich in den Plenarsaal zu begeben. Zur konstituierenden Sitzung des Bundestags sind 709 Abgeordnete im Berliner Reichstagsgebäude anwesend - so viele wie noch nie - und darunter: Johannes Huber (AfD) und Erich Irlstorfer (CSU) aus dem Landkreis Freising.

Im Saal mit den blauen Sitzen nehmen die beiden Politiker in den hinteren Rängen ihrer Fraktionen Platz. Erich Irlstorfer kennt das Procedere bereits, er zog 2013 erstmals in den Bundestag ein. Dass Deutschland nun aber das zweitgrößte Parlament der Welt hat, ist für ihn auch neu. "Es ist schon was anderes, wenn man mit sechs statt vier Fraktionen im Bundestag sitzt", sagt er in einer Pause am Telefon, "die Bude ist voll." Da werde sich auch ein wenig "beäugt und beschnuppert", sagt er. Eine Gewohnheit stelle sich bei ihm nicht ein. "Wenn man sich überlegt, dass man eine von 709 Personen ist, die hier die Entscheidungen des Landes mittragen, spürt man schon die Verantwortung. Aber auch eine große Freude." Johannes Huber ist das erste Mal Abgeordneter im Bundestag.

Die SPD heuchle ihre "konstruktive Oppositionspolitik" bloß, sagt Huber

"Es ist sehr spannend", sagt er in einer Sitzungspause, "ich bin überrascht von der Dynamik im Saal." Damit meint er auch, dass die SPD zu Beginn der Sitzung für einen Antrag der AfD gestimmt hat. "Das ist ein großer Beweis, dass die AfD konstruktive Oppositionspolitik macht, es zeigt aber auch, dass die SPD das nur heuchelt, weil sie sich als Opposition darstellen will." Als rau empfinde er das Klima aber nicht, sagt Huber, "eher als sehr lebendig." Irlstorfer will die Stimmung nicht überbewerten, zum Beispiel die verbalen Angriffe der SPD auf Angela Merkel, denn die SPD sei ja noch dabei, sich als Opposition zu ordnen.

Nervös sei er nicht, sagt Huber. Er freut sich über die vielen Kameras, die seine Partei immer wieder in den Fokus rücken. Im Plenarsaal ist auch seine ehemalige Parteikollegin Frauke Petry. Es heißt, sie werde gemieden, aber Huber meint: "Die Fraktion hat sich nicht darauf geeinigt, dass man sie meidet, man grüßt sich." Die Sitzung läuft eineinhalb Stunden länger als geplant: Der Kandidat der AfD für das Amt des Stellvertreters des Bundestagspräsidenten erreicht auch im dritten Wahlgang nicht die nötigen Stimmen, die Wahl wird vertagt. "Herr Glaser ist einer unserer ehrenwertesten Abgeordneten", sagt Huber, dass die anderen Parlamentarier "kategorisch" nicht für einen AfD-Kandidaten stimmten, zeige deren "verkrustete Haltung". Glaser wird wegen islamkritischer Äußerungen kritisiert.

In der Sitzung macht die AfD mit einer provokativen Äußerung von sich reden: Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann, kritisiert, dass seiner Partei die Position des Alterspräsidenten vorenthalten wurde und bemüht einen Vergleich mit der Nazizeit. Erich Irlstorfer ist unbeeindruckt: "Ich habe nichts anderes von der AfD erwartet, das ist der Versuch, die Bühne für sich zu nutzen." Das sei nicht sinnvoll, sondern deplatziert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3722265
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 25.10.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.