Süddeutsche Zeitung

Verkehr in Freising:E-Scooter-Verleiher warten ab

Lesezeit: 3 min

Während in Großstädten wie München Elektroroller unkompliziert gemietet werden können, ist Freising für die Firmen noch nicht interessant genug. Im Rathaus sieht mal solche Angebote zudem sehr skeptisch.

Von Nadja Tausche, Freising

Geräte kreuz und quer auf den Gehwegen, betrunkene Fahrer und solche mit Handy in der Hand - die schlechten Nachrichten über E-Scooter aus deutschen Großstädten nehmen kein Ende. Etwas anders sieht das in Freising aus. Über die großen Anbieter kann man die Roller in Freising derzeit noch nicht mieten. Und auch wenn man jederzeit mit einem eigenen Roller fahren kann: "Die E-Scooter sind verkehrsmäßig überhaupt kein Problem", sagt Hauptkommissar Josef Demmel von der Freisinger Polizei.

Grundsätzlich sei der E-Scooter durchaus eine von mehreren Möglichkeiten für eine Verkehrswende in Freising, sagt Michael Stanglmaier, Freisinger Vorsitzender des Fahrradclubs ADFC. Derzeit warte man allerdings noch auf Untersuchungen dazu, ob in anderen Städten tatsächlich Leute vom Auto auf den Roller umsteigen. Denn wenn die Rollerfahrer dafür auf Fahrrad und öffentlichen Nahverkehr verzichten, bringe das umwelttechnisch nichts: "Die Frage ist, ob E-Scooter tatsächlich etwas bewirken können oder ob es nur eine Modeerscheinung ist", so Stanglmaier. Seit Juni dieses Jahres sind E-Scooter in Deutschland zugelassen, die elektrisch betriebenen Roller fahren maximal 20 Stundenkilometer schnell und kosten, wenn sie ausgeliehen werden, rund einen Euro plus 15 Cent pro Minute. Die Idee war, damit die Verkehrswende in Richtung umweltfreundlichere Verkehrsmittel voranzutreiben.

Die Stadt kritisiert die Lebensdauer und fehlende Wartung der Roller

Die Stadt Freising sieht die Gefährte aber eher skeptisch. Pressesprecherin Christl Steinhart kritisiert unter anderem die Lebensdauer der E-Scooter und die mangelnde Wartung durch die Verleiher. Beim Laden sei außerdem unklar, wie umweltfreundlich das tatsächlich sei: Die E-Roller werden entweder vom Anbieter per Lastwagen eingesammelt oder Einzelpersonen übernehmen das Laden gegen eine geringe Bezahlung. Derzeit liegen der Stadt Steinhart zufolge noch keine Anfragen von Anbietern vor. Sollte es dazu kommen, müsste die jeweilige Firma eine Sondernutzungserlaubnis beim Ordnungsamt beantragen. Dabei dürfte die Qualität der angebotenen E-Scooter eine Rolle spielen: Bei Leihrädern hatte die Stadt bereits die Anfrage eines Anbieters abgelehnt, so Steinhart, im Gegensatz zur Stadt München. Stanglmaiers Ansicht nach wäre auch der Platz ein Problem. "In Freising sind die Radwege sowieso schon zu eng", sagt er, auf Gehweg und Straße passten sie genauso wenig.

Die Anbieter selbst können derzeit noch keine Angaben dazu machen, ob und wenn ja, wann sie ihre Roller in Freising anbieten. "Ein Start in Freising ist für uns durchaus spannend", heißt es aus der Pressestelle des US-amerikanischen Anbieters Lime - Konkretes könne man aber noch nicht sagen. Lime ist aktuell nur in den Großstädten vertreten genauso wie der Konkurrent Tier. Dessen Roller kann man unter anderem über den Autoverleiher Sixt mieten: Tier habe sein Angebot bisher noch nicht auf Kleinstädte wie Freising ausgeweitet, heißt es aus der Sixt-Pressestelle.

Für die kleineren Gemeinden im Landkreis Freising dürften E-Scooter eher wenig Sinn machen. Zwischen den Ortschaften gebe es oft keine Radwege und das Fahren auf den Straßen sei gefährlich, so Stanglmaier. Zu einer Verkehrswende beitragen könnten hier möglicherweise Emmy-Roller, wie es sie in München schon seit Längerem gibt: Das sind elektrisch betriebene Mofas, die bis zu 45 Stundenkilometer schnell fahren.

Für den E-Scooter gelten teils strengere Regeln als für das Fahrrad

Dass die Polizei unter anderem in München so viele Menschen auf E-Scootern anhält, liegt auch an der strengen Gesetzgebung. So gelten etwa beim Alkoholpegel und bei der Handynutzung die gleichen Regeln wie beim Autofahren. "Der E-Scooter gilt als ganz normales Kraftfahrzeug", erklärt Josef Demmel. Erlaubt ist also ein Pegel von weniger als 0,5 Promille, bei entsprechender Fahruntüchtigkeit liegt die Grenze sogar bei unter 0,3 Promille. Sonst drohen ein Bußgeld von 500 Euro Strafe, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot. Ab 1,1 Promille gilt das Fahren mit dem E-Scooter sogar als Straftat.

Wer mit dem Handy in der Hand erwischt wird, bekommt einen Punkt und zahlt 100 Euro. Für die E-Scooter sei extra der Bußgeldkatalog erweitert worden, sagt Demmel. Seitenweise sind dort nun die Regeln erklärt: Über eine rote Ampel zu fahren, kostet mindestens 60 Euro, das wiederum sei wie beim Fahrrad. Und wer einen schnelleren Radfahrer auf dem Radweg nicht vorbeilässt, ist um 30 Euro ärmer, wenn er erwischt wird.

Auf dem E-Scooter gelten somit zum Teil strengere Regeln als auf dem Fahrrad. Das hänge mit der Antriebsart zusammen, erklärt Demmel: "Das Fahrrad wird von Menschenkraft angetrieben." Der E-Scooter dagegen fahre von allein, sobald man einmal in Schwung ist. Deshalb seien die Bestimmungen auch strenger als bei Pedelecs, also E-Bikes mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern: Auch da unterstütze der E-Motor nur solange, wie man selbst in die Pedale tritt, so Demmel.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4578169
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.08.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.