Süddeutsche Zeitung

Rundgang in Moosburg:Josef Furtmeier, ein aufrechter Außenseiter

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Der "Freundeskreis Josef Furtmeier" erinnert an den überzeugten Pazifisten und Philosophen der Widerstandsgruppe "Weiße Rose".

Von Katharina Aurich, Moosburg

Er war ein Eigenbrötler, Justizbeamter, Junggeselle - und er beeinflusste maßgeblich die jungen Mitglieder der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" in München, die sich gegen die Nationalsozialisten wehrten und deren prägende Mitglieder 1943 hingerichtet wurden. Lange war Josef Furtmeiers (1887-1969) mutiges Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus unbekannt, aber vor rund zehn Jahren gründeten engagierte Bürger in seiner Heimatstadt Moosburg den "Freundeskreis Josef Furtmeier", um an diesen besonderen Mann zu erinnern. Am Sonntag nahm Vorsitzender Horst Müller Interessierte mit zu einem Spaziergang zu den Wirkungsstätten des "Philosophen" der Weißen Rose.

Am Furtmeier-Anger neben dem Zehentstadel, den der Freundeskreis zum Gedenken angelegt hat und auf dem auch eine weiße Rose wächst, begann der Rundgang. Es ging Müller nicht in erster Linie um Jahreszahlen, sondern er berichtete über Episoden und Anekdoten und las seinen gespannt lauschenden Zuhörern an jeder Station Abschnitte aus dem unveröffentlichten Roman Furtmeiers "Das Mädchen von Seeburg" vor.

Woher der Name "Weiße Rose" kommt, wisse man nicht genau, schilderte Müller, vielleicht sei es ein religiöses Motiv. Auf jeden Fall sei die Drei-Rosen-Stadt Moosburg mit dem Namen der Widerstandsgruppe besonders verbunden. Einige Zuhörer wollten dennoch auch ein paar Daten aus Furtmeiers Lebenslauf erfahren, ob er verheiratet war und ob er tatsächlich im Haus an der Thalbacher Straße 3 gelebt hatte, hinter dem sich die Gruppe unter Obstbäumen versammelte. Müller erzählte, dass sich Moosburger Zeitzeugen, die jetzt rund 60 Jahre alt seien, noch gut daran erinnern können, wie sie als junge Burschen in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts den kauzigen Mann besuchten und mit ihm philosophische Fragen diskutierten.

Er habe keine Flugblätter verteilt, aber den jungen Leuten die Notwendigkeit für Meinungsfreiheit gelehrt

Furtmeier sei Junggeselle gewesen und habe meist in einem völlig verrauchten Zimmer in seinem Sessel im Haus an der Thalbacher Straße 3, an dem jetzt eine Gedenktafel an ihn erinnert, gesessen. Während der Zeit des Nationalsozialismus sei Furtmeier für die Mitglieder der Widerstandsgruppe um die Geschwister Scholl ein Vertrauter, Mentor und väterlicher Freund gewesen, fuhr Müller fort. Er habe zwar keine Flugblätter verteilt, habe als universell Gebildeter den jungen Leuten jedoch den theoretischen Hintergrund für die Notwendigkeit von Meinungsfreiheit geliefert und das Recht, sich gegen die Nazis zu wehren.

Furtmeier, der als Justizbeamter in München tätig war, hatte bereits während des Ersten Weltkriegs pazifistische Aufsätze veröffentlicht und warnte als Redner auf Versammlungen vor den Nationalsozialisten. Er weigerte sich, in die NSDAP einzutreten und wurde daher in den Ruhestand versetzt. Furtmeier und Hans Scholl seien zum ersten Mal 1941 im Haus eines Münchner Soziologieprofessors zusammengetroffen, dies sei der Beginn einer besonderen Freundschaft gewesen, die von Freiheitsliebe und der Ablehnung des NS-Regimes genährt worden sei, schilderte Müller. Furtmeier sei für die jungen Leute ein wertvoller Gesprächspartner gewesen, mit dem sie immer wieder über Gerechtigkeit, Toleranz und Menschenwürde diskutierten. Nachdem die Geschwister Scholl 1943 verhaftet worden waren, nahm man auch Furtmeier fest. Allerdings wurde er nach vier Wochen Gestapohaft aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. In der Nachkriegszeit habe sich Furtmeier für die Entnazifizierung engagiert, er arbeitete zunächst wieder im Justizdienst in München, nach seiner Pensionierung zog er zurück in sein Elternhaus nach Moosburg und schrieb an seinem bisher unveröffentlichten Roman. Bücher sind laut Müller bis zu seinem Tod am 28. August 1969 die besten Freunde dieses aufrechten Außenseiters gewesen, der sich zeitlebens in keine Schablone pressen ließ und ein Querdenker geblieben ist.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2019
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