Süddeutsche Zeitung

Ukraine-Mahnwache in Freising:Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen

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Mehr als 600 Menschen zeigen Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Redner aus allen Parteien verurteilen Putin und rufen zur Unterstützung von Flüchtlingen auf.

Von Kerstin Vogel, Freising

Ihr Entsetzen über den russischen Überfall auf die Ukraine und ihre Solidarität mit den Menschen dort haben am Sonntagabend mehr als 600 Freisingerinnen und Freisinger bei einer Mahnwache auf dem Marienplatz zum Ausdruck gebracht. In seltener Einmütigkeit verurteilten Redner aus allen demokratischen Parteien das Vorgehen des russischen Präsidenten scharf und riefen zur Unterstützung der schon bald auch in Bayern zu erwartenden Flüchtlinge aus der Ukraine auf.

Über dem Bürgerbüro hing die ukrainische Flagge, daneben die Fahne Europas, manche der Menschen auf dem Marienplatz trugen Masken und Mützen in den Landesfarben, Kinder hatten gelb-blaue Luftballons dabei und die Stadtkapelle spielte zum Auftakt der Mahnwache die ukrainische Hymne. Auf sichtlich schnell angefertigten Plakaten wurde zur Solidarität aufgerufen und zum Frieden; der Krieg, der da so unvermittelt mitten in Europa losgebrochen ist, hat die Menschen auch in Freising aufgewühlt.

Putin habe mit seinem Überfall auf das Nachbarland Völkerrecht gebrochen, sagte der Grünen-Landtagsabegordnete Johannes Becher, Organisator der Mahnwache, "das ist unvorstellbar, aber Realität". Dabei könne man "nicht achselzuckend zuschauen", so Becher weiter. Überall auf der Welt würden "Menschen wie wir hier gegen diesen Irrsinn demonstrieren", doch es reiche nicht, die Solidarität nur zu bekunden, man müsse auch handeln.

Deshalb sei es richtig, dass der Bundestag beschlossen habe, Waffen in die Ukraine zu liefern: "Und ich habe nicht gedacht, dass ich das einmal so sagen werde", erklärte der Grünen-Politiker unter Beifall. Schon bisher habe es wegen des Klimawandels gute Gründe gegeben, auf erneuerbare Energien zu setzen, ergänzte Becher, jetzt komme ein weiterer hinzu: Denn die Energieversorgung in Deuschland müsse unabhängig werden von Russland.

Deutliche Worte fand auch CSU-Staatsminister Florian Herrmann, der sich spontan auf die Rednerliste des Abends hatte setzen lassen. Er sprach von einem "durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg" und einem "barbarischen Akt". Putin sei alles andere als der angeblich "lupenreine Demokrat", er sei ein Kriegsverbrecher. Die aktuell von der Bundesregierung vollzogene Wende in der Sicherheitspolitik habe sicher niemand so gewünscht, unterstrich Herrmann: "Aber sie ist richtig."

"Schrecklich, furchterregend und völlig aus der Zeit gefallen", nannte Freisings Landrat Helmut Petz den Angriff auf die Ukraine - und rief ebenfalls dazu auf, jetzt auf Innovation zu setzen, den Zeitpunkt zu nutzen und Deutschland unabhängig zu machen vom russischen Gas. Der Landkreis habe bereits begonnen, alle Kräfte zu mobilisieren, um Geflüchtete schnell und unbürokratisch unterbringen zu können. Man habe gut 150 Unterkünfte zur Verfügung, es gebe bereits zahlreiche Hilfsangebote aus der Bevölkerung und das BRK könne sofort an die 600 Feldbetten aufstellen. Wer weitere Hilfsangebote machen wolle, könne diese an die Mail-Adresse: Anfragen.ukraine@kreis-fs.de richten.

Einigkeit in Europa gibt Hoffnung

Freisings OberbürgermeisterTobias Eschenbacher gab nicht nur seiner Fassungslosigkeit über den Krieg in Europa und Putins Drohung mit Atomwaffen Ausdruck, er betonte auch, dass ein derartiger Überfall durch nichts zu relativieren sei - "egal mit welchem Argument". Es sei auch kein Krieg der Russen, stellte er klar: "Das ist Putins Krieg." Wie viele andere Redner auch, drückte Eschenbacher nicht nur den mutigen Ukrainern seinen Respekt aus, sondern auch denjenigen Russen, die sich jetzt gegen den Krieg wenden und in Russland demonstrieren würden - und dafür ins Gefängnis gingen.

Ein Fünkchen Hoffnung sah der Oberbürgermeister darin, "dass Europa so einig ist, wie schon lange nicht mehr und in der enormen Solidarität und der Hilfsbereitschaft, die sich aufgetan habe. Es müsse alles daran gesetzt werden, den Frieden wieder herzustellen, sagte Eschenbacher - und zitierte Mahatma Gandhi: "Es gibt keinen Weg zu Frieden, Frieden ist der Weg."

Freiheit habe ihren Preis, aber auch ihren Wert, deshalb müsse man sie verteidigen, sagte FDP-Kreisrat Tobias Weiskopf. Er forderte ein komplettes Handelsembargo gegen Russland und ein klares Bekenntnis zur Nato. Linken-Stadtrat Nicolas Pano-Graßy sprach von einem "barbarischen Angriffskrieg" und machte deutlich, "wo immer Völkerrecht gebrochen wird, muss man sich auflehnen, wer den Krieg wählt, muss geächtet werden." Der Landtagsabgeordnete Benno Zierer (FW) mahnte abschließend eindringlich, dem Wort von der Solidarität in den kommenden Tagen Taten folgen zu lassen, dann nämlich, wenn die Flüchtlinge tatsächlich in der Stadt ankämen.

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