Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl im Landkreis Freising:Kaum Spielraum beim Wohnungsbau

Lesezeit: 3 min

Die landkreiseigene GmbH soll noch in diesem Jahr aufgelöst werden. Die Debatte um günstigen Wohnraum wird aber das neu gewählte Gremium beschäftigen.

Von Peter Becker, Freising

"Es wäre ein verheerendes Zeichen, wenn der Landkreis aus der Wohnungsbaugesellschaft aussteigen würde", sagte Albert Schindlbeck von den Freisinger Linken am Donnerstag vergangener Woche während der Haushaltssitzung des Kreisausschusses des Kreistags. Mit diesen Worten leitete er die Begründung des Antrags seiner Partei ein, in den nächsten Jahren jeweils zwei Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau im Haushalt des Landkreises einzustellen. Die Wohnungsbau GmbH müsse am Leben erhalten werden, forderte Schindlbeck.

Vergebens gesprochen. Die Mehrheit der Kreisräte lehnte den Antrag ab. Es scheint beschlossene Sache zu sein, die Wohnungsbau GmbH noch in diesem Jahr aufzulösen. Gegründet worden ist sie in der Neunzigerjahren. Aus dieser Zeit stammen 35 Wohnungen in Moosburg und Hallbergmoos, die aktuell noch in der Hand des Landkreises sind. Wird die Wohnungsbau GmbH aufgelöst, gehen sie, zu welchen Modalitäten auch immer, an die Kommunen zurück. Ihr gehören der Landkreis, die Stadt Moosburg, die Gemeinden Eching, Hallbergmoos und Zolling, die Sparkassen in Freising und Moosburg sowie die Oberbayerische Heimstätte in München an. Siegfried Pollner, ehemaliger Leiter des Hochbauamts im Landratsamt, hat die Wohnungsbau GmbH lange Zeit betreut. Als er in Ruhestand ging, übernahm Florian Plajer, Leiter des Hoch- und Tiefbauamts, diese Aufgabe.

Der Landkreis hat keine Grundstücke zur Verfügung, wo günstige Wohnungen entstehen könnten

Landrat Josef Hauner sagte im Kreisausschuss, selbst wenn der Landkreis pro Haushaltsjahr, wie von den Linken verlangt, die zwei Millionen Euro einstelle, sei niemandem geholfen. Mit dem Geld könne man zwar fünf Dreizimmerwohnungen à 75 Quadratmeter bauen, die Frage sei allerdings wo. Das Dilemma des Landkreises ist, dass er keine Grundstücke zur Verfügung hat, wo günstige Wohnungen entstehen könnten. Mit einer Ausnahme: Im Zuge der Umsetzung des Masterplans für das Freisinger Klinikum will der Landkreis dort neue Wohnungen für seine Angestellten bauen. Bislang gibt es dort 164 Unterkünfte im Schwesternheim, das abgerissen werden soll, um einem Neubau zu weichen. In weiteren 85 Wohnungen leben weitere Angestellte des Landkreises.

Dass der Landkreis die Wohnungsbau GmbH aus ihrem Dornröschenschlaf erwecken solle, war schon Thema des Wahlkampfes zu den Kommunalwahlen 2014 gewesen. Doch im sozialen Wohnungsbau darf der Landkreis nicht mitmischen, auch wenn sich das manche Kreisräte wünschten. 2015 hatte Landrat Hauner den Landkreis in dieser Angelegenheit für nicht zuständig erklärt. Als Begründung führte er damals in einer Pressekonferenz an, dass dies eine freiwillige Leistung sei, welche die Gemeinden über die Kreisumlage mitfinanzieren müssten.

Zu dem Zeitpunkt, als diese Diskussion geführt wurde, fehlten im Landkreis Freising etwa 700 günstige Wohnungen. Dafür hätte der Landkreis seine Ausgaben für freiwillige Leistungen extrem aufstocken müssen. Und nebenbei die Klage einer Gemeinde riskiert, dass er seine Kompetenzen überschreite, weil der Bau von Sozialwohnungen nicht in seine Zuständigkeit fällt. Auch würde der Landkreis an seine finanziellen Grenzen stoßen. Womöglich hätte die Kommunalaufsicht der Regierung von Oberbayern einen Beschluss kassiert, in den sozialen Wohnungsbau einzusteigen.

Die eigentliche Initiative, sozialen Wohnraum zu schaffen, liegt bei den Kommunen

Für Dieter Thalhammer (SPD) ist der Fall ohnehin klar. Eine Passage aus der Gemeindeordnung zitierend, sagte er seinerzeit, es sei Aufgabe der Kommunen, im Sinne der Wohlfahrt für ausreichend sozialen Wohnraum zu sorgen. Die Wohnbau GmbH sei nur gegründet worden, um die kleinen Gemeinden, die nicht über einen umfangreichen Verwaltungsapparat verfügten, zu unterstützen. Doch auch in beratender Form scheint es keine Zukunft für diese Organisation des Landkreises zu geben.

Der Handlungsspielraum des Landkreises, sozialen Wohnraum zu schaffen, ist also gering. Man darf gespannt sein, welche Initiativen die Fraktionen trotzdem dazu starten. Oft ist in der Vergangenheit davon gesprochen worden, Arbeitgeber wie etwa die Flughafen München GmbH dazu zu bewegen, für ihre Mitarbeiter Wohnungen im Landkreis zu schaffen. Bislang vergebens. So liegt die eigentliche Initiative, sozialen Wohnraum zu schaffen, bei den Kommunen. "Warum sollten diese auch Grundstücke an den Landkreis abgeben?", fragte Landrat Josef Hauner am vergangenen Donnerstag in die Runde. Die Gemeinden hätten ja selbst den meisten Einfluss darauf, was auf ihren Grundstücken geschehen solle.

Kreisrätin und Moosburger Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) ermuntert die Gemeinden dazu, es ihrer Stadt gleich zu tun. In Moosburg wurde jüngst ein Sozialwohnungsbau an der Böhmerwaldstraße mit zwölf Wohnungen eingeweiht. Diesen hat die Stadt in Eigenregie errichtet und einen Zuschuss von 858 900 Euro vom Freistaat Bayern bekommen. "Das Fördergeld ist da", appellierte Meinelt an die Kommunen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4819860
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.