Süddeutsche Zeitung

Corona im Landkreis Freising:Amateurfußballer verlieren die Geduld

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Auch Vereine aus dem Landkreis Freising wollen sich der Klage ihres Verbandes gegen die erneut verlängerte Corona-Zwangspause des Spielbetriebs anschließen. Die Kicker wollen so schnell wie möglich wieder um Punkte kämpfen - notfalls auch ohne Zuschauer.

Von Johann Kirchberger, Freising

Erst sollte vom 5. September an im Amateurbereich wieder Fußball gespielt werden, dann wollte man am 18. September starten, nun wird es womöglich Oktober oder noch später, bis die Corona-Zwangspause beendet ist. Die bayerische Staatsregierung hat sich diese Woche nicht dazu bereit erklärt, die Infektionsschutzmaßnahmen zu lockern. Der Bayerische Fußballverband ist darüber mehr als verärgert, spricht von Ungleichbehandlung und reagiert mit Unverständnis. Präsident Rainer Koch überlegt sogar, eine Klage gegen die Staatsregierung einzureichen, will dazu aber vorerst seine 4500 Mitgliedsvereine befragen. Im Landkreis Freising dürften vermutlich die meisten Clubs mitziehen, denn sie wollen nur eines: Endlich wieder um Punkte Fußball spielen, möglichst mit und vor Zuschauern.

Walter Zellner, Vorsitzender des SE Freising und Jurist, plädiert eindeutig dafür, Klage einzureichen. Er müsse sich zwar noch mit seinen Vorstandskollegen absprechen, sagt er, persönlich sehe er jedoch keine andere Möglichkeit, als rechtliche Schritte einzulegen. Man könne den Re-Start nicht immer weiter verschieben, sonst komme man in den Oktober, "dann macht es langsam keinen Sinn mehr, heuer überhaupt noch zu spielen". Und er beklagt eine grobe Ungleichbehandlung. "Wenn man im Kulturbereich bis zu 400 Zuschauer zulässt, dann muss man auch in die Stadien unter freiem Himmel 200 Leute reinlassen", sagt Zellner. Der SEF habe 600 Meter Bande rund um das Spielfeld, da könne man die Zuschauer mit genügend Abstand dahinter stellen.

Auch Martin Gilch, Abteilungsleiter des VfB Hallbergmoos, sieht das so. "Wir stehen voll hinter Koch und werden eine Klage unterstützen", sagt er. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn schon bald in der Bundesliga wieder Zuschauer kommen dürften, im Amateurbereich aber nicht. Wichtig sei vor allem, dass es bald wieder losgehe, notfalls ohne Zuschauer. Hallbergmoos habe jedoch eine weitläufige Anlage, in die könne man locker 200 oder 300 Leute lassen, "und mehr kommen doch sowieso nicht". Auch für den Verkauf am Kiosk sieht er kein Problem. "Das ist nichts anderes, als vor irgendeinem Geschäft mit Abstand und Maske anzustehen".

Seitens des Verbands müsse jetzt unbedingt etwas gemacht werden, fordert auch Dominik Heiß, der Abteilungsleiter des SVA Palzing. Hier werde mit zweierlei Maß gemessen, sagt er, und er könne nicht verstehen, dass Hochzeiten mit bis zu 200 Leuten erlaubt seien, Fußballspiele aber nicht. Die Zuschauer könnten in einem Stadion wunderbar verteilt werden, und die Vereine könnten Ordner losschicken, die auf Einhaltung der Abstandsregeln achteten. Zur Not könne man jeden Einzelnen namentlich erfassen. Wenn man die Leute nicht reinlasse, dann stünden die eben wie bei den Testspielen hinter dem Zaun eng zusammen, das sei doch nicht besser. Er sei deshalb dafür, den Klageweg zu beschreiten und ist "gespannt, wie's weitergeht". Gerhard Güntner von der SpVgg Kammerberg würde zwar grundsätzlich eine bessere Kommunikation zwischen Regierung und Verband begrüßen. Weil das aber offenbar nicht möglich ist, befürwortet er die Einleitung juristischer Schritte. Wenn der Punktspielbetrieb immer weiter nach hinten verschoben werde, mache man sich ja lächerlich.

Wie sich sein Verein bei der nun anberaumten Abstimmung verhalten werde, wisse er nicht, sagt Trainer Gery Lösch vom TSV Eching, er persönlich wolle nur, "dass es bald weitergeht". Das will auch sein Vorsitzender Rudi Hauke. Einer Klage steht er jedoch negativ gegenüber. "Der Fußball macht sich damit keine Freunde", glaubt er. Aber Verständnis für eine weitere Verschiebung des Re-Starts hat auch er nicht. "Wir haben immer alles gemacht, was gefordert wurde", sagt er. Man habe zunächst einen eingeschränkten Trainingsbetrieb aufgenommen, alle Hygienekonzepte umgesetzt und bei diversen Testspielen bewiesen, dass ein Spielbetrieb grundsätzlich möglich sei. "Wir passen schon auf", sagt Hauke, "wir haben drei Corona-Beauftragte". Zur Not komme der TSV eine gewisse Zeit ohne Zuschauer über die Runden, sagt er. Das sei zwar nicht schön, aber besser als nicht zu spielen.

Was die Vereine unisono satt haben, ist der Schwebezustand. In der Bezirksliga und in den Klassen darunter sei nun schon fast ein Jahr lang nicht mehr um Punkte gespielt worden, heißt es. Seit Juni bereite man sich auf den Re-Start vor, wird geklagt, habe jede Menge Testspiele bestritten und alle möglichen Hygienemaßnahmen entwickelt. "Wenn noch weitere Vorschriften dazu kommen, machen wir das auch", sagt Zellner (SEF), "wenn wir 14 Tage Vorlaufzeit haben, werden wir die nutzen". Und Gilch verspricht, dass der VfB mit genügend "Manpower" alle Vorgaben angehen werde. Aber es müsse seitens der Staatsregierung endlich klar gesagt werden, wann es weitergeht, "in anderen Bundesländern geht es doch auch", meint Heiß vom SVA und verweist auf Baden-Württemberg, wo schon längst wieder gespielt werde. Was woanders geht, müsse auch in Bayern möglich sein.

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SZ vom 05.09.2020
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