Süddeutsche Zeitung

Bildung:Wohin die Sehnsucht blickt

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Die Ebersberger VHS widmet ihr neues Semester dem facettenreichen Thema "Nähe" - in der Pandemie schmerzlich vermisst. Aber auch Gesundheit, Sprachen und Politik kommen nicht zu kurz.

Von Julia Manon Gottfried, Ebersberg

"Nähe": Was wir in den vergangenen beiden Jahren nur noch spärlich erleben durften, hat die Volkshochschule Ebersberg, Grafing, Kirchseeon und Markt Schwaben nun zum Thema für das anstehende Semester erkoren. Das Angebot dazu ist breit gefächert: Die VHS versteht Nähe nicht nur als etwas Körperliches, das in zahlreichen Tanzkursen und ähnlichem ausgekostet werden kann, sondern bezieht auch emotionale Nähe und Regionalität in ihr Programm mit ein. Da finden sich Coachings, die lehren, wie man in zwischenmenschlichen Beziehungen mit Nähe umgeht, oder aber, wie man eben diese Nähe erzielen kann. Ein anderer Kurs geht in der Literaturgeschichte auf die Suche nach Nähe und Distanz und stellt dabei die Frage, ob das Thema nicht schon lange vor Beginn der aktuellen Pandemie großen Anklang fand. Die Nähe zur eigenen Region kann man bei einer Stadtführung durch Ebersberg oder Nachtwanderungen durch Ebersberg oder Grafing vertiefen. Auch die Nähe zum Ursprung unserer Lebensmittel soll thematisiert werden, ob im klassischen Kochkurs oder in einer als Poetry-Slam verpackten Buchvorstellung.

Implizit beinhaltet "Nähe" für die VHS auch das Thema Abstand. In Selbstverteidigungskursen wird gelehrt, wie man sein Gegenüber dazu bringen kann, diesen einzuhalten, auch wenn es das nicht möchte. Eine Livereportage mit der Reiseschriftstellerin Carmen Rohrbach beschäftigt sich mit dem Abstand von der Heimat und der Sehnsucht nach Ferne. In Kochkursen können Spezialitäten fremder Länder wie Korea, Indien oder Mexiko auf den eigenen Teller gezaubert werden.

Natürlich sind im neuen Programm auch wieder die klassischen Kurse zu Gesundheit und zu Sprachen mit inbegriffen. Als Alternative zu fortlaufenden wöchentlichen Terminen wird Sprachunterricht nun auch als Intensivkurs angeboten, Deutsch als Fremdsprache kann bis zum Level C1 gelernt werden. Ein besonderes Augenmerk liegt außerdem auf dem Thema Politik, viele Kurse hierzu sind dank Bezuschussung besonders preisgünstig oder sogar gratis. Zur Auswahl stehen beispielsweise ein inklusiver Kurs, der seinen Teilnehmern die Politik mal auf ganz einfache Weise nahebringen möchte, oder eine Buchvorlesung von Dario Schramm, der kritisiert, wie die Regierung mit Schülern in der Corona-Zeit umgeht.

Die VHS hingegen bemüht sich darum, Kinder und Jugendliche nicht zu vernachlässigen. Im Programm der "Junge[n] vhs" finden sich Angebote für junge Menschen jeden Alters: vom Kleinkindturnen mit Eltern bis hin zu Bewerbungstraining für Jugendliche.

Insgesamt sind etwa 830 Kurse und Veranstaltungen geplant, teils online oder hybrid, viele allerdings auch wieder in Präsenz. Denn, so erklärt VHS-Chefin Martina Eglauer, man gehe nicht davon aus, dass ein weiterer Lockdown die Präsenzkurse unterbrechen werde. "Wir sind Optimisten." Mit Abstandsregelungen wird dagegen fest gerechnet, was die Anzahl der Teilnehmer pro Kurs verringert. Teurer aber soll das Angebot deswegen nicht werden. Bildung sei nun wichtiger denn je, so Eglauer, und müsse unbedingt gefördert werden. Die finanzielle Hürde solle mit Fördergeldern für Bedürftige gesenkt werden. Auch anderweitig bemüht sich die VHS um mehr Inklusion: Um die Umstellung auf Online-Kurse zu erleichtern, werden "Computer- und Smartphone-Sprechstunden" für Senioren angeboten, Menschen mit körperlichen Einschränkungen werden Kontakte zu Mobilitätshilfe, individueller Begleitung und Assistenz vermittelt, außerdem gibt es einen Kurs der alle - Menschen mit und ohne Behinderung - einschließt und sie ermutigt, miteinander Selbstverteidigung zu lernen.

Was die Online-Kurse generell betrifft, betont die VHS, dass es sich bei ihren Veranstaltungen immer um ein interaktives Format handle: Zuschalten, Fragen stellen und diskutieren sind also auch dann ausdrücklich gewünscht, wenn sich die Teilnehmer nicht physisch nahe sein können.

Los geht das Semester am Mittwoch, 16. März, mit der Auftaktveranstaltung, einer Aufführung neun poetischer Miniaturen von Der Kleinsten Bühne der Welt. Zusehen kann man direkt vor Ort in der Stadtbücherei in Grafing oder online im Livestream.

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