Süddeutsche Zeitung

Verkehrsplanung:Der Osten macht's dem Norden nach

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Kommunalpolitiker aus elf Kommunen in den Landkreisen München, Ebersberg und Erding sowie zwei Münchner Stadtvierteln wollen eine Allianz schließen, um gemeinsam Antworten auf die Verkehrszunahme zu finden

Von Bernhard Lohr, Haar

Vertreter aus elf Kommunen und den beiden Stadtbezirken Bogenhausen und Trudering-Riem haben sich auf eine intensivere Zusammenarbeit verständigt. Vor dem Hintergrund wachsender Verkehrsprobleme im Münchner Osten streben sie die Gründung einer Ost-Allianz an, um bei übergeordneter Stelle mit gemeinsamer Stimme zu sprechen. Zu der Kooperation über Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg hat sich der Haarer Gemeinderat jetzt einstimmig bekannt. Nun sollen weitere Partner ins Boot geholt werden.

Fast fünf Jahre ist es her, dass in etlichen Rathäusern im Münchner Osten die Überzeugung reifte, mehr Zusammenarbeit zu suchen. Es gab erste Treffen, mehrere Gemeinderäte und auch die beiden Münchner Bezirksausschüsse beschlossen, eine überörtliche Verkehrsplanung auszuarbeiten. Und so machten sich Fachbüros an eine Bestandsaufnahme zur Mobilität, zur Siedlungsstruktur und zu Frei- und Naturflächen.

Sie legten eine Analyse vor, es folgten Workshops und schließlich wurde ein Verkehrskonzept mit "konkreten Maßnahmen und Projekten" erstellt. Noch vor der Kommunalwahl einigte man sich auf eine gemeinsame Abschlusserklärung, die Verkehrsplaner Ulrich Glöckl vom beauftragten Büro Schlothauer & Wauer jetzt dem Gemeinderat in Haar vorstellte. Dort wurde das Papier einstimmig angenommen und damit der nächste Schritt auf dem Weg zum angepeilten Bündnis gemacht. Andere Kommunen könnten bald folgen.

Ein zentraler Punkt der Abschlusserklärung und der erste Punkt in einem mit Priorität versehenen 13 Schritte umfassenden Maßnahmenkatalog ist die "Institutionalisierung der Zusammenarbeit im Raum München Ost". Von einem "Interessensverbund" und einer "aus den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bestehenden Allianz München Ost" ist in dem Papier die Rede. Die Projektleitung könnte bei einem Geschäftsführer liegen. Ein gemeinsamer Web-Auftritt ist im Gespräch. Es soll um Erfahrungsaustausch, aber auch um konkrete Projekte und mehr Schlagkraft im Auftreten gegenüber Dritten gehen. Ein Bündnis, an dem man sich orientiert, ist die bestehende Nord-Allianz aus Kommunen im nördlichen Landkreis München und im Landkreis Freising mit Eching, Garching, Hallbergmoos, Ismaning, Neufahrn, Oberschleißheim, Unterföhring und Unterschleißheim.

Wie eine solche Allianz im Münchner Osten konkret zusammenarbeiten könnte, ist allerdings noch offen. Bisher gibt es lediglich den in der Abschlusserklärung formulierten erklärten Willen. Was weiter komme, müsse sich noch zeigen, sagt etwa Haars Bauamtschef Josef Schartel, der den Prozess in den vergangenen Jahren schon eng begleitete. Die Haarer, die bisher schon federführend daran gearbeitet haben, dass es zu dem Schulterschluss kommt, wollen auf jeden Fall den eingeschlagenen Weg weitergehen.

Allerdings möchten sie gerne die direkt angrenzenden und nicht beteiligten Gemeinden Grasbrunn und Putzbrunn mit im Boot haben. Mit beiden Nachbarn gibt es Reibungspunkte, etwa mit Grasbrunn wegen seines Gewerbegebiets in Keferloh und mit Putzbrunn immer wegen des Verkehrs auf der B 471. Der Haarer Gemeinderat hat deshalb Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) aufgefordert, sich nach Abstimmung mit den am Entstehen der Allianz beteiligten Kommunen an Grasbrunn und Putzbrunn zu wenden.

Vieles von dem, wofür sich die Allianz stark machen soll, wird freilich bereits auf anderen Ebenen vertreten und bearbeitet, wie etwa in der Regionalplanung, in den Nahverkehrsplänen der Landkreise und in dem vom bayerischen Verkehrsministerium federführend geleiteten "Verkehrspakt Großraum München". Das Allianz-Konzept propagiert den "massiven" Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und deutlich verbesserte Angebote für Radfahrer. Siedlungsentwicklung soll vor allem im Innenraum stattfinden und Landschafts-, Natur- und Erholungsräume sollen geschützt werden.

Im Maßnahmenkatalog wird es konkreter: Dort geht es um ein Umdenken bei der Bauleitplanung mit "nutzungsdurchmischten Quartieren" für Wohnen und Arbeiten. Ein interkommunales Flächenkataster ist ein Ziel, um Potenziale für Innenentwicklung festzuschreiben. Thema sind etwa Busspuren, Tempo 30 in den Orten oder digitale Anzeigen an Haltestellen. Man will sich auch gemeinsam für die Aufnahme von Großprojekten in den Bundesverkehrswegeplan einsetzen, wie die Verlegung der B 471 und den Autobahn-Südring. Administrative Hemmnisse sollen abgebaut werden.

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SZ vom 29.07.2020
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