Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Hotel garnix

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Das Landratsamt mietet für Asylbewerber Zimmer in Vaterstetten - möglicherweise beim Falschen.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter ist mitunter sehr konfliktbeladen. Einen besonders krassen Fall eines solchen Streits gibt es derzeit offenbar in Vaterstetten. Hier wurde ein Hotel im Baldhamer Gewerbegebiet an das Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen vermietet - von einem Pächter, der nach Aussage des Eigentümers gar keinen gültigen Pachtvertrag mehr besitzt.

Josef Folger glaubte zunächst an einen dummen Faschingsscherz. Dem Eigentümer eines Hauses an der Baldhamer Straße, in welchem sich auch das Hotel Verona befindet, zeigten seine Nachbarn ein Schreiben, in welchem das Landratsamt über die bevorstehende Ankunft von 32 Flüchtlingen informiert. Diese sollten in Folgers Haus einziehen, so informierte der offiziell wirkende Brief. Eintreffen sollten die Asylbewerber bereits am Aschermittwoch, daher die Vermutung, es handele sich um einen Witz.

Dass dem nicht so ist, erfuhr Folger, als er sich beim Landratsamt erkundigte. Dort bestätigt man auf Nachfrage, dass die Behörde das Hotel zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet habe. Auch die Zahl von rund 30 Personen sei richtig, das an die Nachbarn verteilte Schreiben echt. Solche Briefe seien üblich, sagt die Sprecherin der Behörde, Evelyn Schwaiger. Wie sie weiter erklärt, handele es sich bei der Anmietung von Pensions- oder Hotelzimmern um ein normales Vorgehen, "das ist nicht das erste Mal, dass wir Asylbewerber so unterbringen".

Um 32 Menschen unterzubringen, müsste man laut Hauseigentümer umbauen

Wenn man für Menschen kurzfristig eine Bleibe finden müsste und es in den eigenen Unterkünften keinen Platz gibt, sei dies die einzige Möglichkeit. Das Landratsamt sei in einem solchen Fall, trotz der meist höheren Anzahl an benötigten Räumen, ein ganz normaler Hotel-Kunde, sagt Schwaiger: "Das ist nichts anderes, als wenn die Zimmer an eine Reisegruppe vermietet werden."

Ganz so einfach sei die Sache aber nicht, sagt Eigentümer Folger, denn zum einen, und das gehe auch aus dem Schreiben des Landratsamtes hervor, handele es sich eben nicht um die Anmietung einzelner Zimmer. Tatsächlich steht in dem Brief wörtlich: "... ,dass ab sofort ein Objekt in der Baldhamer Straße zur Unterbringung von Asylbewerbern angemietet wurde". Das klinge eher nach Unter- als nach Zimmervermietung, sagt der Eigentümer, und die sei vom Pachtvertrag nicht gedeckt.

Doch selbst, wenn es sich hier um eine missverständliche Formulierung handeln sollte, auch eine Vermietung einzelner Zimmer durch den Hotelpächter sei nicht möglich, betont Folger - der Pachtvertrag sei nämlich gekündigt. "Das Hotel steht seit zwei Monaten leer, da gibt es keinen Betreiber und keinen Service mehr." Daher könne man auch keine Zimmer vermieten, egal ob ans Landratsamt oder sonst wen. Außerdem, so Folger, sei die Zahl von 32 potenziellen Bewohnern deutlich zu hoch angesetzt: "So viele Zimmer und Betten gibt es im ganzen Hotel nicht."

Aktuell stünden insgesamt zwölf Zimmer zur Verfügung, die maximal mit je zwei Betten belegt werden könnten. Wollte man dagegen, wie nun im Schreiben des Landratsamtes angekündigt, mehr als 30 Menschen unterbringen, müsste man zunächst wohl umbauen. Und eine solche Maßnahme hätte der Pächter auch nicht veranlassen dürfen, wäre sein Vertrag noch gültig gewesen.

Laut Landratsamt lag ein gültiger Pachtvertrag vor

Folger vermutet einen Racheakt. Denn daraus, dass Pächter und Verpächter kein besonders gutes Verhältnis haben, macht er keinen Hehl. Er werde sich den jüngsten Streich seines Ex-Pächters daher auf keinen Fall bieten lassen, betont Folger, er habe die Sache bereits seinem Anwalt übergeben. Die Vermietung ans Landratsamt sei null und nichtig, und das werde er auch durchsetzen: "Wer das Hotel trotzdem betritt, begeht Hausfriedensbruch."

Im Landratsamt bestreitet man dagegen, bei einem nicht dazu Berechtigten Zimmer angemietet zu haben. Laut Schwaiger liegt der Behörde ein Pachtvertrag für das Hotel vor. Dieser sei entgegen der Aussagen des Eigentümers weiterhin gültig, daher halte man auch an der geplanten Unterbringung fest. Wann die neuen Bewohner einziehen, steht aber noch nicht fest. Laut Schwaiger sollen die Zimmer - entsprechend dem Bedarf - nach und nach belegt werden.

Der Pächter des Hotels, der in München noch ein weiteres Etablissement betreibt, stand für Nachfragen nicht zur Verfügung. Eine Mitarbeiterin teilte mit, er befinde sich bis kommende Woche im Ausland und sei nicht erreichbar.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2016
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