Süddeutsche Zeitung

Schwimmkurse für Kinder:Ausgebucht bis in den Herbst

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Immer weniger Kinder können schwimmen, das hat eine neue Studie gezeigt. Viele Akteure im Landkreis Ebersberg bemühen sich, das zu ändern - doch einfach ist das nicht.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Der Sommer ist noch fern, die Badeseen sind teilweise noch von einer leichten Eisschicht überzogen. Doch wer sich jetzt erst darüber Gedanken macht, dass es schön wäre, wenn das eigene Kind im Sommer schon sicher schwimmen könnte, dürfte enttäuscht sein: Viele Schwimmkurse sind bereits bis weit in den Sommer hinein ausgebucht, auch für den Herbst gibt es bereits Reservierungen. Die Nachfrage übersteigt den Bedarf bei weitem - eine problematische Entwicklung, die auch deutschlandweit erkennbar ist: Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage hat sich der Anteil der Nichtschwimmer unter den Grundschülerinnen und Grundschülern binnen fünf Jahren verdoppelt.

Einige der Ursachen liegen auf der Hand: Immer mehr kommunale Schwimmbäder machen zu, die Corona-Pandemie hat den Schwimmunterricht überdies in den vergangenen Jahren zur Herausforderung gemacht. Im Landkreis Ebersberg dürfte allerdings dennoch noch mehr vorangegangen sein als andernorts, was nicht zuletzt an Jürgen Puls liegt, bei dem inzwischen schon Generationen von Ebersbergern das Schwimmen gelernt haben.

Das Angebot lässt sich nicht einfach ausweiten

Auch in der Corona-Zeit wollte es Puls nicht einsehen, dass man deshalb so etwas Wichtiges wie den Schwimmunterricht einfach unter den Tisch fallen lässt: Er überzeugte unter anderem den Glonner Bürgermeister und den Gemeinderat, das Schwimmbad zeitweise allein für die Kinder zu reservieren - und brachte in nur wenigen Monaten 400 Kindern bei, sich sicher im Wasser zu bewegen. Doch noch mehr Gas zu geben, das Angebot erneut auszuweiten, das sei einfach nicht möglich, sagt der 61-Jährige: Das übersteige seine eigene Leistungsfähigkeit und wäre allenfalls mit Qualitätsverlusten realisierbar.

Ohnehin können nach Einschätzung von Puls nicht einzelne Lehrer oder Schwimmschulen das Problem lösen. Eine gute, intensive Frühförderung schon in der Schule, das wäre der richtige Ansatz, hier könnte Deutschland von anderen Ländern lernen, ist er überzeugt. Zwar ist Schwimmunterricht laut Lehrplan ab der dritten Klasse Pflicht, aber oft ist es unter den gegebenen Bedingungen gar nicht möglich, den Kindern sinnvoll das Schwimmen beizubringen - zum Teil aus Mangel an qualifizierten Lehrkräften, zum Teil aus Mangel an Übungsmöglichkeiten.

Ein mobiler Pool in der Volksfesthalle - damit wird es wohl nichts

Auch im Landkreis sind in den vergangenen Jahren Trainingsmöglichkeiten weggefallen, das Schulschwimmbad in Poing etwa wurde bereits vor zwölf Jahren geschlossen, ein Ersatzbau wird erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen. Auch das Ebersberger Hallenbad wurde vor zwei Jahren für eine umfangreiche Sanierung zugesperrt und stand nicht mehr für Schwimmunterricht zur Verfügung.

Ebersberger Eltern hatten deshalb sogar die Idee, in der Volksfesthalle einen mobilen Pool aufzubauen und dort Schwimmkurse für Kinder anzubieten - ein Vorschlag, der bei Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) freilich noch nicht angekommen war, und der auch kaum umgesetzt werden könnte, wie er sagt. Zum einen werde die Volksfesthalle auch für viele andere Veranstaltungen genutzt, zum anderen werde das Ebersberger Hallenbad ja in absehbarer Zeit fertig: Man hoffe, im Mai einen Probebetrieb starten zu können, einige Wochen später dann in den Normalbetrieb überzugehen.

Doch in diesen Zeiten kann man eh schwer sagen, was normal ist, schließlich hätte wohl auch kaum einer damit gerechnet, dass nach der Corona-Krise gleich die Energiekrise Auswirkungen auf die Schwimmbäder und damit auf den Schwimmunterricht haben würde. Manche Kommunen haben sich bekanntlich dafür entschieden, aus Kostengründen die Wassertemperatur in den Bädern abzusehen - mit der Folge, dass es für den Schwimmunterricht insbesondere der ganz kleinen nun zu kalt ist, wie Jürgen Puls erläutert. Er habe daher auch seine Kirchseeoner Kurse nach Glonn verlegt, das Schwimmbad sei nicht nur frisch saniert, sondern auch mit Fernwärme beheizt und warm genug.

Auch der Schwimmverein Grafing-Ebersberg ist während der Schließung des Ebersberger Hallenbads auf Glonn ausgewichen. Hier sei das Becken auch schön flach und somit ideal für Schwimmanfänger, sagt Vorsitzender Sebastian Rumler. Er berichtet von dem selben Phänomen wie Jürgen Puls: "Wir werden mit Anfragen überhäuft." Die in Glonn angebotenen Schwimmkurse seien voll, zwar wolle man nach der Rückkehr nach Ebersberg idealerweise das Programm für Schwimmanfänger ausweiten: "Aber das stößt auch an unsere Kapazitätsgrenzen, was die Manpower betrifft. Wir sind Ehrenamtliche, es ist schwierig, genügend Übungsleiter zu finden, die das anbieten können."

Ähnlich geht es auch der BRK-Wasserwacht im Landkreis, die ebenfalls auf ehrenamtliches Engagement angewiesen ist. Sie setzt bei ihren Bemühungen inzwischen auch auf die Eltern. "Ab ins Wasser mit Loti" heißt ein neues Angebot für Kinder ab vier Jahren. Es soll helfen, die Kleinen spielerisch ans Wasser zu gewöhnen und die Grundlagen fürs Schwimmenlernen zu legen. Der Kurs besteht aus einem digitalen Infoabend und drei Unterrichtseinheiten im Hallenbad Glonn, dabei müssen auch die Eltern die Badesachen anziehen und ins Becken steigen - dass Mama oder Papa sicher schwimmen können, ist daher Grundbedingung für die Kursteilnahme. Ein Kurs habe bereits stattgefunden und sei gut angenommen worden, sagt Sonja Kluge von der Wasserwacht, ein zweiter soll Mitte Februar starten und hat sogar noch einige freie Plätze. Dies ist aber auch bei der Wasserwacht eine Ausnahme, denn bei den regulären Schwimmkursen in den Schwimmbädern in Kirchseeon und Markt Schwaben ist der Run auf die Plätze groß, so Kluge: "Die Wartelisten sind sehr, sehr lang."

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