Süddeutsche Zeitung

Kutschenunfall:Hund versetzt Pferd in Panik

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Eine Rentnerin aus Aßling sitzt auf einer Pferdekutsche. Es kommt zu einer Begegnung mit einem Hund - und einem Unfall.

Aus dem Gericht von Andreas Salch, Aßling/München

Eine Rentnerin hat einen Hundehalter aus der Gemeinde Aßling in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht München II auf Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von insgesamt rund 18 000 Euro verklagt. Grund ist ein nicht alltäglicher Unfall, der sich am Ortseingang von Niclasreuth ereignet hat.

Am 27. August 2017 fuhr die inzwischen 70-jährige Rentnerin in einer einspännigen Kutsche, die von ihrem Mann geführt wurde. Ihrer Darstellung zufolge seien sie und ihr Mann auf der rechten Straßenseite zunächst an dem Hundebesitzer vorbeigefahren. Dessen weißer Schweizer Schäferhund habe etwa hundert Meter weiter in einer Wiese gesessen. Das Pferd soll dann vor dem Hund stehengeblieben sein. Der Hundehalter rief angeblich seinen Hund. Dieser soll daraufhin schnell aufgestanden sein. Anschließend sei er zunächst direkt auf das Pferd zu und schließlich sehr knapp an ihm vorbeigelaufen. Offenbar erschrak das Pferd. Denn es brach aus, lief nach links über eine zwei Meter hohe Böschung und zog auf der dahinterliegenden Wiese mit samt der Kutsche im Galopp Kreise. Dabei, so behauptet die Rentnerin, sei die Kutsche umgestürzt.

Die Rentnerin verletzt sich bei dem Unfall schwer

Für die 70-Jährige hatte dies gravierende Folgen. Sie zog sich unter anderem eine schwere Verletzung an der rechten Schulter zu, unter der sie nach Angaben ihres Anwalts, Andreas Leicher, bis heute leidet. Der beklagte Hundebesitzer und sein Vertreter, Rechtsanwalt Jürgen Tegtmeyer, wiesen am Mittwoch in der Verhandlung vor der 11. Kammer am Landgericht München II jegliche Verantwortung für den Unfall von sich. Sein Schäferhund, so der Beklagte, beherrsche das sogenannte Absitzen und sei nicht bellend oder gar angriffslustig auf die Stute der Klägerin zugelaufen. Die Rentnerin wiederum versichert, ihr 19 Jahre altes Pferd, sei wenig schreckhaft gewesen.

Nach dem Unfall hatte die Staatsanwaltschaft gegen den Hundehalter wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Das Verfahren wurde aber "mangels Verschulden des Beklagten" eingestellt. Auch ich sehe keine "Anspruchsgrundlage" für die geltend gemachten Forderungen, sagte die Vorsitzende Richterin der 11. Zivilkammer gleich zu Beginn der Verhandlung. Der Hund sei "einfach da gelaufen", sagte sie. Das sei keine "typische Tiergefahr." Der Anwalt der Klägerin sah dies erwartungsgemäß anders. Das Pferd sei nicht ohne Grund stehengeblieben, sagte er. Wenn er jogge und sehe einen Hund, so der Anwalt, laufe er auch nicht direkt an diesem vorbei. "Der Hund hat nichts gemacht", befand jedoch die Richterin. Wenn er in Richtung Pferd gelaufen sei, dann handle es sich nicht um eine "typische Tiergefahr", sagte sie noch einmal.

Der Anwalt des Beklagten verwies auf "identische Fälle" in der Rechtsprechung, bei denen stets die Hundehalter recht bekommen hätten. Und die Richterin fragte den Vertreter der Rentnerin: "Was macht das Pferd, wenn ein Lkw oder ein Traktor kommt? Dreht es dann auch durch?" Ein Pferd assoziiert mit einem Hund Gefahr, erwiderte der Anwalt. "Dann ist das vielleicht ein Problem des Pferdes", merkte die Richterin an. Eine Haftung des beklagten Hundehalters ergebe sich ihrer Überzeugung nach nicht. Sollte seine Mandantin Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) München einlegen, dann werde der Fall dort eben erneut aufgerollt, sagte die Richterin zum Anwalt der Rentnerin und fügte hinzu, sie sei gespannt, was die OLG-Richter dazu sagen.

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