Mitten in Grafing:Keine Zeit
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Die Klärung der diplomatischen Verwerfungen zwischen Neuperlach und Grafing scheitert am Terminkalender.
Kolumne Von Thorsten Rienth
Dass Kleinstädte Protestnoten erhalten, kommt eher selten vor. Deshalb war es durchaus von Nachrichtenwert, als sich im Mai eine solche im E-Mail-Postfach von Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU) fand. Dessen Parteikollege Thomas Kauer hatte sie verschickt - und der Mann ist kein Niemand, wie dieser betonte, sondern: "Vorsitzender des Bezirksausschusses 16, der den etwa 120000 Einwohner zählenden Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach vertritt."
Kauer schrieb an Bauer, um sich über den FDP-Stadtrat Claus Eimer zu beschweren. Eimers Aussage, man wolle doch bitteschön mit dem neuen Baugebiet am Aiblinger Anger kein zweites Neuperlach schaffen, verletzte "zahlreichen Bewohnerinnen und Bewohner Neuperlachs in ihrer heimatlichen Wertschätzung". Auf knapp eineinhalb Seiten führte Kauer seine Gedanken aus - was im Grafinger Politbusiness die Frage aufwarf, ob der Vorsitzposten des Bezirksausschusses 16 nicht womöglich wegrationalisierbar sei? Wer im Vorsitzendenbüro sitze und Zeit fürs Protestnotenschreiben habe, der könne ja wohl sonst nicht viel zu tun haben.
Solche Witze waren, wie sich nun herausstellte, unangemessen. Sehr wohl nämlich ist Kauer politisch vielbeschäftigt. So sehr, dass er auch binnen eines Monats keine Zeit fand, gar auch nur ein Datum zu nennen. Ein solches hatte Kauer mit der Protestnote selbst ins Spiel gebracht, und zwar in Form eines Neuperlach-Ausflugs: Eimer möge doch bitteschön solch "eindeutig negativ konnotierte Äußerungen" unterlassen und sich vor Ort von der "Wahrheit über Neuperlach" überzeugen. "Ich lade den Grafinger Stadtrat und insbesondere Herrn Eimer gerne ein, sich von Neuperlach selbst einmal ein Bild zu machen." Oder eben nicht, wie sich zeigte.
Eimer wiederum nimmt die Sache gelassen. Er werde natürlich keine Protestnote schicken, versichert der FDPler. Adressat wäre jedenfalls - diplomatisches Prinzip der Gegenseitigkeit - Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter.