Süddeutsche Zeitung

Für mehr Lärmschutz:Vierfache Kraft

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Die Gemeinden Aßling, Bruck, Grafing und Kirchseeon wollen ein gemeinsames Positionspapier zum geplanten Brennerbasistunnel-Zulauf an Bahn und Verkehrsministerium richten.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Alle zusammen sind stärker als jeder für sich alleine. Dass sich dies auch bei der Mitsprache um den Zulauf zum Brennerbasistunnel so bewahrheitet, hofft man in Aßling, Bruck, Grafing und Kirchseeon. Die vier Kommunen nämlich haben sich gerade zusammengeschlossen, um ihren Forderungen mit einem gemeinsamen Positionspapier in Richtung Bahn und Bundesverkehrsministerium zu kanalisieren.

Als Revoluzzer ist der Grafinger CSU-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Thomas Huber eigentlich nicht gerade bekannt. "Aber wenn das so kommt, dann bin ich der erste, der zum Demonstrieren auf die Straße geht!" Hubers Ankündigung in der jüngsten Grafinger Stadtratssitzung bezog sich auf eine Änderung im Planungsprozess der Bahn bezogen: Dessen Macher nämlich betrachten seit kurzem nicht mehr nur die Strecke von Ostermünchen nach Grafing Bahnhof als einen der zahlreichen Zulauf-Planungsräume, sondern haben ihn um die Gemeinde Kirchseeon erweitert. Und das sei vermutlich nicht ohne Grund geschehen, so die einhellige Befürchtung in der Grafinger Sitzung: Was, wenn als Alternative zum Verlauf der Neubaustrecke entlang der Bestandsstrecke bei Kirchseeon eine neue Zulauf-Trasse in Richtung Süden abbiegen sollte? "Sie würde mitten durch die Prärie schneiden, ein Wahnsinn", erläuterte Huber seine Demonstrationsankündigung.

Aßlings parteiloser Bürgermeister Hans Fent hat die Initiative zu dem Papier gestartet. Wohlwissend, dass gerade in allen vier Rathäusern an Stellungnahmen gearbeitet wird. Ein paar Anrufe bei den Bürgermeister-Kollegen, beim Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz (CSU) und eben Huber - und schon stand die Allianz. "In der Sache und im Tenor liegen wir alle sehr nah beieinander", erklärt Kirchseeons Bürgermeister Jan Paeplow (CSU). "Vier Gemeinden haben einfach eine lautere Stimme. Noch dazu, weil sie dann neben den Arbeitskreisen auch von den kommunalpolitischen Gremien zu hören ist."

Im Kern sind die Forderungen keine Neuigkeiten. Ganz unmittelbar geht es ums Thema Lärmschutz. "Eine ausgebaute Bestandstrasse ohne Neubau-Lärmschutz - das wäre für uns der Supergau", befand Grafings Bürgermeister Christian Bauer (CSU). Hintergrund ist die Befürchtung, dass die Wahl am Ende auf eine neue Trasse direkt neben der Bestandstrasse fällt - und das Vorhaben dann lediglich als Aus-, nicht aber als Neubau läuft. Dann nämlich würden deutlich laschere Maßgaben für den Lärmschutz gelten. Was auch immer gebaut wird, lautet daher die Forderung: In Sachen Lärmschutz müssten Neubaumaßstäbe angelegt werden.

In den Rathäusern favorisiert wird deshalb eine möglichst umfassende Einhausung der Strecke bis hin zu untertunnelten Abschnitten. "Um den Eingriff in die Landschaft sowie den Flächenverbrauch so gering wie möglich zu halten, ist eine neue oberirdische Trasse unter allen Umständen zu vermeiden", heißt es in dem Papier. "Wir unterstützen und teilen die Forderung unserer Nachbargemeinden, die Neubautrasse im Tunnel zu führen." Ob das so kommt, ist laut Positionspapier offen: "Eine Verbesserung des Lärmschutzes an der Bestandsstrecke ist von Seiten der DB derzeit nur bedingt geplant."

Mittelbar sorgt man sich in den vier Rathäusern zudem um möglicherweise negative Auswirkungen auf den Nahverkehr. "Eine landschaftsdurchschneidende Neubaustrecke ab 2040 - durch Rechtsstreitigkeiten usw. vermutlich noch deutlich später - bringt über Jahrzehnte nur auf dem Papier Vorteile für die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene", fürchtet man in den vier Kommunen. "Die steigende Anzahl von Zügen von und zum Brennerbasistunnel werden zu Kapazitätsengpässen auf der Bestandsstrecke führen und das Nahverkehrsangebot verschlechtern sowie den weiteren Ausbau des Nahverkehrs blockieren."

Die Stellungnahme aus Aßling ist bereits eingereicht, der Grafinger Stadtrat nahm das Papier ohne Gegenstimme an. Kirchseeons Bürgermeister Paeplow kündigt an, das Thema bei der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen. "Da rechne ich fest mit einem Beschluss." Und was die Antwort der Bahn angeht? "Da hoffe ich einfach nur, dass es keine böse Überraschungen gibt."

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SZ vom 19.07.2021
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