Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Grafing: Die CSU hat unfair gegen Obermayr gekämpft

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Es gibt nur wenige Beispiele, in denen ein Wahlkampf gegen einen Amtsinhaber im Landkreis Ebersberg mit derart fragwürdigen Mitteln geführt wurde.

Kommentar von Thorsten Rienth

Nein, das waren wahrlich keine leichten Jahre für Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). Den Stadtrat regierte sie ohne eigene Mehrheit, mit CSU und BfG hatte sie zudem zwei laute Gegner gegen sich. Zwar konnten sich die beiden Fraktionen untereinander nicht ausstehen, ging es jedoch gegen Obermayr, machte man mit Verve gemeinsame Sache. Die Frage war bis zuletzt: Was würde von alldem hängen bleiben? Genug, um eine amtierende Rathauschefin aus dem Amt zu wählen, das ist nun klar. Dafür gibt es im Landkreis Ebersberg in den vergangenen 20 Jahren gerade einmal drei oder vier Beispiele.

Allerdings gibt es auch wenige Beispiele, in der ein Wahlkampf gegen einen Amtsinhaber derart fragwürdig geführt worden ist wie zuletzt von der Grafinger CSU. Anstatt eines Wettstreits um die besten Ideen, entschied sich der Ortsverband - mit dem Landtagsabgeordneten Thomas Huber als Speerspitze - fürs Niedermachen. Obermayr betreibe Vetternwirtschaft. Obermayr wolle die Stadthalle abreißen. Obermayr habe die Stadtfinanzen nicht im Griff, mit ihr steige die Verschuldung weiter und weiter.

Dass die CSU selbst allen Haushalten der vergangenen sechs Jahre mit breiter Mehrheit zugestimmt hat, spielte da schnell keine Rolle mehr. Im Gegenzug machte sie mit dem Versprechen eines 15-Millionen-Euro-Kulturzentrums in der Rotter Straße weiter. Flankiert von einer üppig ausgestatten Wahlkampfkasse, spross daraus eine erfolgreiche Strategie.

So nachdenklich das stimmen mag, so wenig ändert es freilich am Wahlergebnis. Gerade den Grünen - aber auch den Obermayr-Unterstützern aus den anderen Fraktionen - kommt nun eine stadttragende Verantwortung zu: Sie müssen Christian Bauer die faire Chance geben, sein Amt auszufüllen, zu gestalten, die Geschicke der Stadt zu lenken. Und dies ungeachtet des Wissens, dass seine Vorgängerin diese faire Chance gerade von Bauers Partei nicht erhalten hatte.

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SZ vom 30.03.2020
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