Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:Impfen zum Disney-Film

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Der Landkreis Ebersberg hat viele Vorkehrungen getroffen, damit von diesem Mittwoch an Fünf- bis Elfjährige problemlos geimpft werden können. Noch hält sich der Andrang aber in Grenzen.

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Am Mittwoch startet das Corona-Impfangebot für fünf- bis elfjährige Kinder. Der Landkreis Ebersberg hat sich so einiges einfallen lassen, um das Prozedere für die Kleinen so unbeschwert wie möglich zu gestalten: Wie wäre es beispielsweise mit einem Piks während Olaf - der niedliche Schneemann mit den Hasenzähnen aus dem Disney-Film "Die Schneekönigin" - durch die Szenerie watschelt? Nun ja, vielleicht ist es nicht der echte Olaf, aber zumindest sein Abbild, das auf dem Fernsehbildschirm zu sehen ist. Der kurze Schmerz beim Nadeleinstechen ist da trotzdem wohl gleich gar nicht mehr so schlimm und schnell wieder vergessen. Noch müssen einige rechtliche Fragen geklärt werden, bevor im Ebersberger Impfzentrum Disney-Filme gezeigt werden können. Aber auch Malstifte, Mandalas und Gummibärchen werden für eine kindgerechte Atmosphäre im ansonsten eher schlicht gehaltenen Impfzentrum sorgen. Und das sind nur einige der Vorkehrungen, die der Landkreis in Zusammenarbeit mit dem Impfzentrum und den niedergelassenen Kinder- und Hausarztpraxen getroffen hat.

Noch läuft die Anmeldung nur telefonisch

7000 Dosen des Kinder-Vakzins hat das Ebersberger Impfzentrum bereits bekommen - geimpft wird der Stoff von Biontech, jedoch in einer etwas anderen Zusammensetzung und in geringerer Menge als bei Erwachsenen. 50 bis 70 Fünf- bis Elfjährige sollen am ersten Tag eine Impfung erhalten, so viele Eltern hatten ihre Kinder bis Dienstagmittag bereits angemeldet. "Bislang hält sich der Run in Grenzen", sagt Maximilian Ziegler vom Ebersberger Impfzentrum.

Noch läuft die Anmeldung nur telefonisch über die Impf-Hotline des Landkreises (08092) 86 31 40. Den Grund hierfür erklärt der stellvertretender Leiter des Impfzentrums so: "Das Online-System des Bayerischen Impfportals kennt bislang nur Termine, leider keine speziellen Kindertermine." Da aber nicht nur die Impfstoffdosen für diese Altersgruppe andere sind und auch das gesamte Prozedere etwas anders abläuft als bei Erwachsenen, ist es für das Impfzentrum wichtig zu wissen, ob der Impfling fünf oder 50 Jahre alt ist. Ziegler rechnet aber damit, dass in einigen Wochen wohl auch online gebucht werden kann - dann, wenn tatsächlich alle Impfzentren in Bayern Kinderimpfungen anbieten. Einige starten damit wohl erst nach Weihnachten.

Bei Kindern müssen besondere Standards eingehalten werden

Ganz ohne Termin geht es aber auch, nämlich zum Beispiel an den kommenden zwei Wochenenden vor Weihnachten von 14 Uhr an: "Wir werden unseren Betrieb vor allem an den Wochenenden deutlich mehr auf Kinder ausrichten als an den normalen Impftagen", so Ziegler. "Wer mit seinem Kind kommt, der wird auf alle Fälle bevorzugt geimpft und muss sich nicht mit den erwachsenen Impfwilligen in eine Schlange anstellen." Ob mit oder ohne Termin: Wichtig ist, dass die notwendigen Formular von allen Sorgeberechtigten unterschrieben sind und mindestens einer davon das Kind zur Impfung begleitet.

Neben dem Impfzentrum gibt es noch drei weitere Säulen, von denen das Angebot für die kleineren Kinder getragen wird, wie der Ärztliche Koordinator der niedergelassenen Praxen im Landkreis, Marc Block, erklärt. So könnten Kinder auch in Allgemeinarztpraxen geimpft werden - im Landkreis Ebersberg ist dieses Angebot aber eher beschränkt. Ebenso soll es in den kommenden Wochen verschiedene kommunale Impfaktionen mit speziellen Zeitfenstern für Fünf- bis Elfjährige geben. Bei diesen drei Säulen sei es allen Beteiligten wichtig, so der Arzt weiter, gewisse Standards einzuhalten: Geimpft wird nur von Kinder- und Jugendärzten oder von Ärzten, die über eine zusätzliche Ausbildung im Bereich Notfälle verfügen. Auch im Impfzentrum wird immer ein Kinderarzt anwesend sein, die Impfungen vornehmen werden ausschließlich Ärztinnen und Ärzte, die Erfahrung im Umgang mit Kindern haben.

Als viertes und wichtigstes Standbein gibt es dann noch die Kinder- und Jugendärzte. Sie sollen Block zufolge vor allem das Klientel der chronisch Kranken aus dem eigenen Patientenbestand abdecken. In der Praxis des Baldhamer Kinderarztes Lampros Kampouridis macht dieser Anteil etwa 15 bis 20 Prozent der bisherigen gut 100 Anfragen aus - bei einem Stamm von etwa 2000 Patienten ist auch das nicht unbedingt viel. Die chronisch erkrankten Kinder sind solche mit Asthma, Herz- und Krebserkrankungen oder aber auch, wenn es in der Familie chronisch Erkrankte gibt, zum Beispiel Mütter mit Brustkrebs. "Die betroffenen Kinder kommen auf alle Fälle als erstes dran", so der Mediziner. An einem festen Vormittag in der Woche nehmen er und sein Team die Impfungen vor - es ist ein Vormittag, an dem die Praxis eigentlich geschlossen hat. So wollen sie 20 Impfungen pro Woche schaffen.

Das Problem sind die vielen ungeimpften Erwachsenen

Bislang betreffen die Anfragen in der Praxis von Kampouridis hauptsächlich Schulkinder. Eine große Unsicherheit bei den Eltern oder viel Aufklärungsbedarf habe er bislang nicht bemerkt. Der Kinderarzt erklärt sich das damit, dass aktuell vornehmlich diejenigen Eltern, die selbst geimpft sind und sich dementsprechend bereits in der Vergangenheit viel mit den Impfungen befasst haben, das Angebot für ihre Kinder wahrnehmen möchten - und die sich mit ihrem Vorhaben ohnehin schon sicher sind. Viele würden noch zögern, zum einen wegen der bevorstehenden Weihnachtstage, zum anderen wegen der Datenlage. Noch empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung nicht allumfassend für Fünf-bis Elfjährige, sondern nur für vorerkrankte. Für eine uneingeschränkte Empfehlung würden bislang Daten fehlen. Kampouridis, sein Arztkollege Marc Block sowie Maximilian Ziegler vom Impfzentrum sind sich aber einig, dass die Nachfrage spätestens im Januar ansteigen wird.

"Mir wäre es trotzdem lieber, wenn ersatzlos alle Erwachsenen, die ein Impfangebot wahrnehmen könnten, dies auch getan hätten", so Kampouridis weiter. Zwar sei auch das Risiko für Kinder, im Nachgang an die Impfung eine Herzmuskelentzündung zu entwickeln, sehr gering - aber im Vergleich zu einer Erkrankung bringe die Impfung auch einen geringeren Nutzen mit sich, als das bei Erwachsenen der Fall ist. "Ich finde es trotzdem gut, dass es die Möglichkeit nun auch gibt, sein Kind impfen zu lassen", so der Mediziner weiter. "Aber das Grundproblem bleibt: Wir haben viel zu viele Erwachsene, die nicht geimpft sind." Er hält es nicht für fair, dass Kinder und Eltern, die vor allem zu Beginn der Pandemie auf so vieles zum Schutz der Älteren verzichtet haben, nun vor die Entscheidung gestellt werden: Impfen oder nicht impfen? "Das hätte man auch anders lösen können - ich bin schon seit langem für eine Impflicht für Erwachsene."

Infos zur Impfung für Fünf- bis Elfjährige sowie die notwendigen Formulare gibt es online unter lra-ebe.de/aktuelles/informationen-zum-corona-virus/impfzentrum. Anmeldungen im Impfzentrum, auch für die Poinger Außenstelle, können telefonisch unter (08092) 86 31 40 vereinbart werden.

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