Süddeutsche Zeitung

Haushaltssorgen in Kirchseeon:"Dann haben wir ein echtes Problem"

Lesezeit: 2 min

Der Marktgemeinde drohen durch das Coronavirus die Einnahmen wegzubrechen

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Wenn eine Gemeinde zunächst einen recht soliden Haushalt vorlegt, nur drei Wochen später aber von erheblichen finanziellen Ausfällen die Rede ist, dann muss in der Zwischenzeit einiges passiert sein. Eine Komponente, die im erarbeiteten Zahlenwerk von Kirchseeon - so wie auch in denen von allen anderen Landkreisgemeinden - gefehlt hat, heißt Coronavirus. Dieses macht auch vor den Kommunen nicht Halt und lässt gerade für deren finanzielle Situationen nichts Gutes erahnen. Zumindest gab Bürgermeister Udo Ockel (CSU) bei der jüngsten Sitzung des Marktgemeinderates eine erste düstere Prognose ab.

Wie sich die Zeiten innerhalb von drei Wochen geändert haben, lässt sich gut an der Arbeit des Kirchseeoner Gremiums veranschaulichen: Anfang März noch kamen die Gemeinderäte wie üblich im Feuerwehrhaus zusammen, weil der Sitzungssaal im Rathaus noch nicht fertig saniert ist. Wegen des engen Raumes dicht gedrängt sitzend, verabschiedeten sie dort den Haushalt für das laufende Jahr. An diesem Montagabend zeigte sich ein anderes Bild: Notgedrungen musste das Gremium nun doch schon früher als geplant den neuen Sitzungssaal "einweihen" - weil dort mehr Platz ist, um die Stühle in entsprechendem Abstand voneinander aufzustellen. Wie in einem Klassenzimmer saßen die Gemeinderäte also zwischen Baugerüst und Abdeckplanen hin zu Bürgermeister Ockel ausgerichtet und hörten zu, was dieser zu berichten hatte.

Er sei heute hier nur der Bote der schlechten Nachrichten, sagte der Rathauschef. Denn ursprünglich hatte die Kämmerei mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen Alarm geschlagen. Dort befürchtet man deutliche wirtschaftliche Folgen für die Marktgemeinde durch das Coronavirus, besonders in den Bereichen Gewerbe- und Einkommenssteuer. Bereits jetzt gingen viele Stundungsanträge bei der Verwaltung ein. "Es ist zu befürchten, dass wir unser geplantes Gewerbesteueraufkommen bei weitem nicht haben werden", so Ockel, der außerdem "massive Auswirkungen" durch die drohende Kurzarbeit auf die Einkommenssteuer befürchtet. Gerade diese beiden Posten aber seien die Haupteinnahmequellen der Marktgemeinde. "Da können harte Zeiten auf uns zukommen", sagte der Bürgermeister.

Zumal auch noch in anderen Bereichen Ungemach droht. Ockel rechnet auch mit "erheblichen Ausfällen beim Betreuungsgeld", die unterm Strich dann die Gemeinde ausgleichen müsse. Kosten ohne Ertrag würden derzeit bereits die Musikschule und die Zweigstelle der Volkshochschule verursachen. Auch wenn das Programm in beiden Einrichtungen im Moment ruhe, müssten die Mitarbeiter ja trotzdem weiter bezahlt werden. "Das kann schnell in den fünfstelligen Bereich gehen", so Ockel.

Insgesamt könne sich der finanzielle Ausfall für die Marktgemeinde dem Bürgermeister zufolge auf bis zu einer halben Million Euro aufsummieren. "Und dann haben wir ein echtes Problem." Wie hoch der Schaden am Ende tatsächlich sein wird, lässt sich Stand jetzt natürlich nur mutmaßen. Dass der von der Gemeinde aufgestellte Haushaltsplan in dieser Form nicht einzuhalten sein wird, steht allerdings bereits fest. Für den scheidenden Bürgermeister ist das - obwohl ihn dafür keine Schuld trifft - enttäuschend. "Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass wir uns in ruhigem Fahrwasser bewegen können." Nun aber wird Nachfolger Jan Paeplow (CSU) gleich vor eine große Herausforderung gestellt, denn Ockel ist sich sicher: "Da wird einiges auf den neuen Gemeinderat zukommen."

Das Rathaus selbst bleibt unterdessen von der Corona-Pandemie noch weitgehend verschont. In der Verwaltung laufe alles relativ normal, wie Ockel den Gemeinderäten berichtete. Die Behörde sei zwar wie alle anderen im Landkreis Ebersberg geschlossen, wichtige Anliegen der Bürger würden aber weiterhin bearbeitet. Die Angestellten seien in zwei Teams aufgeteilt worden, die sich wöchentlich abwechseln. Positive Nachrichten gibt es auch vom örtlichen "Helferkreis Corona". Wie Mitinitiatorin Natalie Katholing (Grüne) sagte, seien die Kirchseeoner sehr engagiert bei der Sache: "Es gehen bei uns mehr Hilfsangebote ein, als wir überhaupt Nachfrage haben."

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SZ vom 01.04.2020
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