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Markt Schwaben:Erich Schweiger: "Zeit gibt Bier den Geschmack"

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Die Brauerei Schweiger wird mit dem Gütesiegel "Slow Brewing" ausgezeichnet. Ein Gespräch über die Entdeckung der Langsamkeit im Brauhaus.

Interview von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Zum siebten Mal in Serie ist die Brauerei Schweiger mit dem - laut Verleiher - "strengsten internationalen Gütesiegel für Bier" ausgezeichnet worden. Die Markt Schwabener dürfen sich demnach auch 2020 mit dem Titel "Slow Brewing" schmücken. Der Geschäftsführer für Technologie Erich Schweiger gibt im Interview Einblicke in die Geheimnisse des langsamen Bierbrauens - und Tipps zum Konsumverhalten.

SZ: Was macht dieses Siegel zu etwas Besonderem?

Erich Schweiger: Es ist das härteste aber auch ehrlichste Biersiegel, das ich kenne. Es gibt ja überall auf der Welt Bierwettbewerbe und Preise. Die basieren aber meist darauf, dass man eine Biersorte einmal einschickt und so aufgrund dieser einen Probe bewertet wird. Für das Slow-Brewing-Siegel werden alle unsere Biersorten jeden Monat von der Bierforschungsstelle der TU München in Weihenstephan bewertet. Insgesamt wird also jedes unserer Biere jedes Jahr zwölf Mal getestet.

Welchen Vorteil hat, wer ein langsam gebrautes Bier trinkt?

Anders als viele Großbrauereien verwenden wir eine weniger starke Stammwürze, statt 16 Prozent sind es bei uns 11,5 Prozent. Dadurch können wir darauf verzichten, unser Bier nach dem Brauen zu verdünnen. Die Gärung dauert bei uns mindestens sieben Tage, anschließend wird das Bier zur Reifung gelagert. Unter fünf Wochen kommt bei uns kein Bier raus. All das hat den Vorteil, dass im Gegensatz zum schnellen Brauen keine Fuselalkohole entstehen. Und die sind bekannt für Kopfweh und andere Nebenwirkungen.

Langsam brauen gegen den Kater - warum machen das nicht alle Brauereien so?

Wenn man sein Bier mit höherer Stammwürze braut und erst kurz vor dem Abfüllen mit Wasser verdünnt, braucht man deutlich weniger Platz für Biertanks und zur Lagerung. Hinzu kommt die Ersparnis an Energie für das Erhitzen beim Brauen und für das Herunterkühlen während der Lagerung. Bei uns braucht es viel Platz, und es dauert insgesamt um die sechs Wochen, bis ein Bier verkaufsfertig ist. Andere Brauerein machen es in zwei Wochen. In der Herstellung ist das deutlich effizienter und billiger, die Qualität leidet aber darunter. Zeit gibt Bier den Geschmack.

Sie werben mit der Regionalität Ihres Biers. Wie einheimisch ist das Schweiger?

Wir haben ein Regionalprinzip. Ich kennen jeden einzelnen meiner Landwirte, die im Juli mit dem Traktor zu uns kommen. Sie sind alle aus der Gegend um Markt Schwaben und laden ihr Malz bei mir ab. Die können mir zu jeder Malzfuhre sagen, von welchem Feld es kommt. Das Mälzen übernehmen wir selbst. Wir sind eine der letzten kleinen Brauerein, die eine eigene Mälzerei haben.

Sie und die sechs anderen ausgezeichneten Brauerein sind eine Art Gegenentwurf zum sogenannten High Gravity Brewing, also zu Massenproduzenten im Billigbiersegment. Sind sie als Slow Brewer auch ein Verfechter des Slow drinking?

Das würde ich so sagen, ja. Bier ist ein hochwertiges Genussmittel. Man sollte jeden einzelnen Schluck genießen und das Bier nicht einfach saufen.

Es heißt, ein bayerisches Bier sollte süffig sein. Kommt süffig nicht von saufen?

Der Begriff ist ein bisserl schwierig. Ich verstehe darunter, dass einem eine Halbe Bier so gut geschmeckt hat, dass man danach noch eine zweite will. Das heißt aber nicht, dass man dann nicht trotzdem aufhören kann.

Man könnte auch sagen, bei der Definition des Worts süffig sind die Grenzen fließend.

Das lässt sich nicht leugnen. Bier hat Alkohol, dessen muss man sich beim Genuss bewusst sein. Uns geht es beim Bierbrauen aber nicht darum, dass die Leute möglichst viel Flüssigkeit in Masskrügen runterschütten, sondern um die Verbindung des Biers mit Lebensqualität und Genuss. In welchem Gefäß entfaltet sich das Genusserlebnis am besten?

Ich empfehle ein Glas mit einer dünnen Trinkwand, weil sich dann Geruch und Geschmack besser wahrnehmen lassen. Im Brauereilabor verwenden wir deswegen auch nur sehr dünne Gläser. In der Gastronomie ist das so natürlich nur schwer möglich, da würde ein Glas nicht lange überleben.

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Quelle:
SZ vom 12.10.2019
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