Süddeutsche Zeitung

Digitaler Unterricht:Ebersberg: Homeschooling-Zuschuss für Bedürftige

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Damit die Kinder während der Corona-Krise von zu Hause lernen können, hat der Landkreis einen Zuschuss auf technische Geräte bewilligt.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Nach der coronabedingten Zwangspause nehmen auch die Schulen im Landkreis Ebersberg langsam aber sicher wieder ihren Präsenzbetrieb auf. Bis alle Schülerinnen und Schüler in ihre Klassenzimmer zurückkehren können, wird es aber wohl noch länger dauern, weshalb vielerorts der Unterricht weiter von zu Hause aus stattfinden muss. Was ohnehin schon eine Herausforderung ist, wird umso komplizierter, wenn in manchen Familien die technischen Voraussetzungen dafür überhaupt nicht gegeben sind. Genau hier will der Landkreis nun Abhilfe schaffen. Bedürftige Familien sollen künftig einen Zuschuss von 250 Euro pro Kind bekommen, wenn sie sich ein elektronisches Gerät für den Unterricht von zu Hause aus anschaffen.

Die Finanzspritze gilt für all jene Antragsteller, die Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch II und XII sowie dem Asylbewerber-Leistungsgesetz beziehen. Darauf haben sich nun die Mitglieder des Ausschusses für Soziales, Familien und Bildung (SFB) in ihrer jüngsten Sitzung geeinigt. Pro Familie können demnach zwei Kinder finanziell unterstützt werden, die maximale Fördersumme beträgt also 500 Euro. Diese soll ausbezahlt werden, wenn die Eltern für ihre Kinder in einen Laptop, ein Tablet oder einen Drucker investieren - technische Geräte also, die für das Lernen von daheim aus notwendig sind.

Dieser Beschluss ist das Ergebnis zweier Antrags- und Fragenkataloge, die die Kreisverbände von ÖDP und Linken sowie SPD zur Sitzung eingereicht hatten. Vor allem die Sozialdemokraten verweisen in ihrem Schreiben konkret auf die Landeshauptstadt München, bei der eine solche Förderung bereits seit Jahresbeginn praktiziert werde.

Die Idee fand im SFB-Gremium viel Zuspruch, nur eine musste qua Amt etwas auf die Euphoriebremse drücken: Kreiskämmerin Brigitte Keller. Sie verwies darauf, dass eine solche Sonderzahlung nur über den Haushalt zu regeln sei - und dort stünden für dieses Jahr keine entsprechenden Mittel zur Verfügung. "Freiwillige Leistungen über den Haushalt sind nicht erlaubt. Es müsste eine andere freiwillige Leistung dafür gestrichen werden", erläuterte Keller. Das ist auch der Weg, den der Landkreis gehen will. Bis zur nächsten Sitzung des SFB-Ausschusses soll die Verwaltung nun eine Auflistung der derzeit eingeplanten Leistungen vorlegen, damit die Mitglieder entscheiden können, welche davon sie kippen wollen. Bis dahin soll der Zuschuss aus Spendentöpfen finanziert werden.

Die Fälle von häuslicher Gewalt sind laut Jugendamt bislang nicht gestiegen

Noch ist ohnehin völlig offen, welche Kosten dadurch auf den Landkreis zukommen. Möglicherweise werden diese gar nicht so hoch ausfallen - darauf zumindest lässt eine Erhebung schließen, die die Kreisbehörde als Antwort auf die Fragenkataloge hat vornehmen lassen. Die Fraktion ÖDP/Linke fordert in ihrem Schreiben, benachteiligte Schüler mit entsprechender Technik auszustatten und verweist dabei auf die Möglichkeit, Geräte auszuleihen. Diese Option gibt es auch im Landkreis Ebersberg, wie Hubert Schulze, Sachbearbeiter für Bildungsthemen am Landratsamt, in der Sitzung sagte. Allerdings werde sie eher schlecht angenommen. Von den 280 an den Landkreisschulen verfügbaren Geräten seien bis Anfang Mai lediglich 15 ausgeliehen worden.

ÖDP und Linke hatten neben der technischen Unterstützung für die Schüler aber noch weitere Anliegen. Die Kreisverbände forderten auch, der Landkreis möge sich dafür einsetzen, dass auch Kinder von benachteiligten Familien - ähnlich wie solche, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten - möglichst schnell wieder betreut werden. Das, erklärte Jugendamtsleiter Christian Salberg, könne man nicht vor Ort entscheiden, sondern es liege in der Hand des Freistaates.

Wofür wiederum der Landkreis zuständig ist, ist die soziale Betreuung bedürftiger Kinder und Jugendlicher. Hierfür forderten ÖDP und Linke, das Jugendamt solle finanziell und personell besser aufgestellt werden. Laut Salberg ist das aber derzeit gar nicht nötig. Es sei kein signifikanter Fallanstieg im Bereich der Jugendlichen zu beobachten, gleiches melde das Frauenhaus hinsichtlich häuslicher Gewalt. "Alle Familien, die betreut werden, werden auch durchgehend weiterbetreut", versicherte Salberg.

Ob das auch so bleiben wird, darüber wollte der Jugendamtsleiter in der Sitzung aber keine Prognose wagen. Man werde sehen müssen, ob das jetzt die Ruhe vor dem Sturm ist, oder ob die Fallzahlen während der Corona-Krise tatsächlich nicht größer geworden sind. Sollte sich herausstellen, so Salberg, dass zur Bewältigung der Aufgaben zusätzliches Personal nötig ist, werde man die Amtsleitung umgehend darüber informieren, denn: "Wir sind uns absolut unserer Verantwortung bewusst."

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SZ vom 29.05.2020
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