Süddeutsche Zeitung

ÖPNV im Landkreis Dachau:Alternativlose Finanzspritze

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Die steigenden Energiepreise machen auch Dachauer Busunternehmen zu schaffen. Sonderzahlungen des Landkreises sollen Entlastung bringen.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Der Krieg in der Ukraine treibt die Spritpreise nach oben, das hat sich auch im Landkreis Dachau längst bemerkbar gemacht. Nicht nur jeder und jede Einzelne spürt das beim Bezahlen an der Tankstelle, auch die Busunternehmen spüren, dass Benzin und Diesel teurer geworden sind. Mit einer Sonderzahlung will der Landkreis den betroffenen Busunternehmen nun unter die Arme greifen - und so Schlimmeres verhindern.

Peter Sigmund von der Abteilung Kreisschulen und ÖPNV erklärte im Umwelt-, Verkehrs- und Kreisausschuss am vergangenen Freitag, dass diese "Preisexplosion" von niemandem hätte vorhergesehen werden können und daher nicht mehr als rein unternehmerisches Risiko gesehen werden könne. Weil vertragliche Änderungen im MVV-Regionalbusverkehr nur zeitlich verzögert wirken würden, sei eine Sonderzahlung aus Sicht des Landratsamts notwendig, um den ÖPNV zu stützen.

Tatsächlich habe es eine solche finanzielle Unterstützung 2008 schon einmal gegeben. An den Vorgaben von damals wolle man sich auch nun orientieren: So soll die Unterstützung außervertraglich erfolgen, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jederzeit widerrufbar, wenn etwa die Preise wieder sinken, und zunächst befristet sein bis April 2023. Dann würden die Verträge ohnehin neu angepasst. Eine Überkompensation, das versicherte Sigmund den Kreisrätinnen und Kreisräten, werde aber in keinem Fall stattfinden. Es gehe vielmehr darum, die gestiegenen Energiepreise "auszugleichen".

Die Verwaltung rechnet mit durchschnittlichen Mehrkosten von zehn bis 13 Prozent

Tatsächlich ist Geld in Form eines Ausgleichsvorschusses bereits erstmalig im März geflossen, 146 200 Euro sind es damals gewesen. Für den gesamten MVV-Verbund haben sich die Kosten damals auf 1,88 Millionen Euro belaufen, bei Mehrkosten von 15,5 Prozent. Derzeit, so Sigmund, würden sich die Mehrkosten auf Basis der aktuellen Treibstoffpreise zwar bei rund zehn bis 13 Prozent einpendeln. Dennoch sei klar, dass die Reserven des Landkreises von einer Millionen Euro bei diesen Summen schnellen aufgebraucht sein würden.

Im Juli werde man im Kreistag daher wohl über die überplanmäßigen Ausgaben diskutieren müssen, insgesamt geht es um eine Gesamtsumme von maximal 2,4 Millionen Euro. Denn: Um eine "Gleichbehandlung aller" Betreiber zu erwirken, sei es notwendig, nicht nur die Busse, die im Auftrag des MVV verkehren, zu unterstützen, sondern auch die Busse, die darüber hinaus den freigestellten Schülerverkehr gewährleisten. Schließlich sei zwar der ÖPNV grundsätzlich eine freie Leistung, die Beförderung von Schulkindern aber eine Pflichtaufgabe des Landkreises.

Sigmund erklärte, dass es aus seiner Sicht "sinnvoll und wünschenswert" sei, dass sich alle Landkreise, die dem MVV angehörten, an den Zahlungen beteiligten, denn es sei schwer vermittelbar, wenn etwa in Freising - wo sich der Landkreis laut Sigmund in einer Vorbesprechung schon einstimmig für die Sonderzahlungen ausgesprochen hat - die Zahlung erfolge, im Landkreis Dachau aber nicht. Zudem warnte er davor, dass eine Nichtzahlung im schlimmsten Fall zu einer Insolvenzwelle führen könnte, die den Landkreis dann deutlich teurer zu stehen kommen würde, als jetzt temporär finanzielle Unterstützung zu leisten.

Im Zusammenhang mit den "Unsicherheitsfaktoren" für den MVV-Haushalt erwähnte Sigmund neben den steigenden Energiepreisen auch die Verstärkerbusse, die pandemiebedingt nach wie vor im Einsatz sind, sowie das geplante 9-Euro-Ticket, das ab Juni drei Monate verfügbar sein wird, und - das ist jetzt schon klar - für den MVV Ertragseinbußen bedeuten wird - und das bei ohnehin nach wie vor weniger zahlenden Fahrgästen als noch in Vor-Pandemie-Zeiten. Landrat Stefan Löwl (CSU) kritisierte das 9-Euro-Ticket, wie auch das 365-Euro-Ticket, das derzeit nur Schülern zur Verfügung steht, aber auch für Studenten und andere Personengruppen immer wieder im Gespräch ist, als "reinen PR-Gag". Schließlich gehe es nicht darum, den ÖPNV immer nur billiger zu machen, es gehe vor allem darum, mehr Fahrangebote zu bieten, so dass der ÖPNV eine wirkliche Alternative zum Auto darstelle.

Bezogen auf die Sonderzahlung, um zumindest die sehr stark gestiegenen Energiepreise auszugleichen, erklärte Sigmund, nach Abwägung aller Für und Wider sei die Bewilligung der Sonderzahlungen aus Sicht der Verwaltung letztlich "alternativlos". Dies sahen die Kreisrätinnen und Kreisräten der Ausschüsse nach Sigmunds Ausführungen offenbar ähnlich: Sie sprachen sich einstimmig für die Bewilligung der Sonderzahlungen aus.

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