Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Frust an der Allacher Straße

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Schwere Zeiten für Wirte und Einzelhändler an der Allacher Straße in Karlsfeld: Weil vor ihrer Haustüre seit Wochen Baustelle ist, bleiben die Kunden fern. Der erste Laden kämpft ums Überleben.

Gregor Schiegl

Wirte und Einzelhändler an der Allacher Straße in Karlsfeld klagen über massive Umsatzeinbrüche. Seit vier Wochen haben sie vor ihrer Tür die Baustelle des gemeindliche Fernwärmeprojekts "Neue Energie Karlsfeld". Viele Kunden, die früher mit dem Auto kamen, bleiben nun aus. Durch die teilweise Sperrung kommt es zu Verkehrsbehinderungen, Parkplätze sind blockiert. Eine Ladenbetreiberin kämpft nach eigenen Angaben bereits um ihre Existenz.

Wolfgang Offenbeck (CSU), der am Freitag Bürgermeister Stefan Kolbe vertrat, bat Anwohner, aber auch Geschäftsleute "um Verständnis und auch um Entschuldigung". Die Gemeinde habe versucht, die Belastung durch die Bauarbeiten zu minimieren, indem sie einen Großteil davon in die großen Ferien verlegt habe. Auf dem "ehrgeizigen und auch mühevollen Weg, die Gemeinde umweltfreundlicher und autarker zu machen", seien Behinderungen durch Bauarbeiten aber eben nicht zu vermeiden.

Bei den Geschäftsleuten herrscht großer Frust. "Die Gemeinde interessiert sich nicht für die kleinen Läden", sagt Gabriele Nehring. Sie betreibt einen kleinen Lotterie-und Zeitschriftenladen beim Loreleyweg. Derzeit wisse sie nicht, wie sie ihre Miete und die Abgaben ans Finanzamt noch zahlen soll. Für 7000 Euro habe sie dazu noch Schulsachen gekauft, auf denen sie jetzt womöglich sitzen bleibe. Die Bauarbeiten an der Allacher Straße sollen noch bis zum 13. September dauern. "Ich kämpfe um meine Existenz", sagt Gabriele Nehring.

Nicht allen Einzelhändlern steht nach vier Wochen das Wasser bis zum Hals. Schwierig ist die Situation aber für alle. Viele beklagen Umsatzeinbußen von 50 Prozent. Zu ihnen gehört auch Pavlos Avramidis. Seit zwölf Jahren betreibt er seinen auch weit außerhalb Karlsfelds beliebten griechischen Spezialitätenladen an der Allacher Straße. Aber so einen Einbruch wie im August habe er noch nie erlebt: "Es ist eine Katastrophe."

Nebenan im Café Arpas herrscht am Mittwochnachmittag bei 27 Grad in der Sonne gähnende Leere. Und im erst vor drei Monaten eröffneten "Da Gerardo" nahe des Kreisverkehrs schimpft Wirt Gerardo Muci: "Ich habe keine Gaststätte erworben, sondern eine Baustelle." Wegen der fehlten jetzt viele Parkplätze. "Ohne Parkplätze keine Kunden, ohne Kunden kein Geschäft."

Der Unmut hat auch viel mit dem Eindruck zu tun, an den Baustellen gehe es nicht recht vorwärts. Tage-, manchmal wochenlang hätten die Anwohner keinen Arbeiter zu Gesicht bekommen. Wolfgang Offenbeck sind diese Klagen nicht neu. Vom Leiter der Gemeindewerke habe er erfahren, dass dies "zum Teil auch mit technischen Vorgängen" zu tun habe. Die neuen Fernwärme-Rohrleitungen müssten sicherheitshalber in gewissen Abschnitten einer "Druckprobe" unterzogen werden. Erst danach könne die Baugrube wieder zugeschüttet werden. "Nach dem, was ich weiß, gibt es im Baustellenbetrieb keine Verzögerungen oder Unzulänglichkeiten", sagt Offenbeck. (Seite 4)

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SZ vom 28.08.2010
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