Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Trauer um Walter Gaudnek

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Der Pop-Art-Künstler hielt seiner oberbayerischen Heimatgemeinde Altomünster immer die Treue. Am Sonntag ist er im Alter von 92 Jahren gestorben.

Von Gregor Schiegl, Altomünster

Walter Gaudnek hatte es schön in Florida. Von seinem erhöht auf Stelzen stehenden Haus in Daytona Beach konnte er aufs Meer sehen. Noch bis 2020 lehrte er als Professor für Kunst an der University of Central Florida in Orlando. In seiner vorlesungsfreien Zeit kam er dennoch regelmäßig zurück in seine alte oberbayerische Heimat Altomünster. Es war jedes Mal ein großes gesellschaftliches Ereignis, und das lag auch an seiner einnehmenden Persönlichkeit: "Er konnte auch ausgesprochen charmant und liebenswürdig sein", erzählt Wilhelm Liebhart, Vorsitzender des Museumsvereins Altomünster. Und natürlich begleitete den extrovertierten Künstler auch ein internationaler Flair, wie man ihn in der kleinen Marktgemeinde sonst nicht kannte.

Die traurige Nachricht hat in Altomünster längst die Runde gemacht: Am Sonntagabend ist Walter Gaudnek im Alter von 92 Jahren gestorben. Und nicht nur dort ist die Bestürzung groß: "Der Markt Altomünster, der Landkreis Dachau, ja die ganze Welt trauert um Professor Walter Gaudnek", schreibt der Dachauer Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath in einem Nachruf, und Landrat Stefan Löwl bringt in einem Beitrag auf Facebook seine Trauer "um einen besonderen Menschen, Freund, Künstler und Botschafter" zum Ausdruck.

Walter Gaudnek wurde 1931 in Tschechien geboren und mit seiner Familie als 14-jähriger Sudetendeutscher vertrieben. Gemeinsam mit Andy Warhol gehörte er seit den 1970er Jahren zu den Hauptvertretern der Pop Art; sein Alleinstellungsmerkmal. Er griff auch religiöse Themen auf. Dieses Interesse zeigte sich schon 1968 in seiner Promotion in New York mit dem Thema "Die symbolische Bedeutung des Kreuzes in der amerikanischen Malerei der Gegenwart". Oft entwickelte er seine Motive ausgehend von sakralen Vorlagen aus der Kunstgeschichte. Bekannt ist Gaudnek heute vor allem durch seine farbenfrohen Pop-Art-Motive, seine frühe Phase war geprägt durch ausdrucksstarke Arbeiten in schwarz-weiß. Nach dem Olympia-Attentat fasste er seine Wut über das Verbrechen in ein großformatiges Bild, das er dort auf dem Gelände auch öffentlich zeigte.

1999 baute der selbstbewusste Künstler sein Wohnhaus zum "Gaudnek Europa Museum" aus: Rund 400 seiner Bilder und Skulpturen sind dort zu sehen. Gaudneks Werke hängen auch in der Galerie im Treppenhaus der Grund- und Mittelschule Altomünster, außerdem sorgen sie in den Fluren der beiden Kliniken im Landkreis Dachau für freundlichere Stimmung. 2011 zeichnete die Marktgemeinde Altomünster ihren berühmtesten Sohn mit der Bürgermedaille aus.

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