Süddeutsche Zeitung

Restaurants:Sterne-Menü to go

Lesezeit: 3 min

Auf feine Gerichte muss man auch während der Corona-Krise nicht verzichten. Sogar Gourmetrestaurants bieten Menüs zum Abholen an oder liefern an die Haustür.

Von Dominik Hutter, Franz Kotteder und Andreas Schubert

Menüs sind die Domäne der Sterne-Restaurants. Dorthin geht man ja weniger, um den Hunger zu stillen, sondern um etwas zu erleben. Im Idealfall ist ein Menü durchkomponiert wie eine Symphonie und kann sich über acht, neun oder gar zehn Gänge ziehen. Das lässt sich in Corona-Zeiten schlecht ins eigene Heim verlegen, da wäre der Aufwand doch zu groß. Dennoch bieten einige Sterne-Restaurants abgespeckte Versionen ihrer Menüs an: drei bis vier Gänge, an die Haustür geliefert. Ein Test der Angebote der Restaurants Gabelspiel und Tian (jeweils ein Michelin-Stern) sowie des Werneckhofs (zwei Sterne).

Gabelspiel

Ein bisschen selbst kochen muss man schon noch, was einem das Gabelspiel aber leicht macht: Schon bei der Lieferung gibt es genaue Instruktionen, in welcher Packung Vor-, Haupt- und Nachspeise zu finden sind, dazu gibt es eine Speisekarte mit Kochanleitung. Und Serviertipp, denn es soll ja nach etwas aussehen, das Drei-Gänge-Menü für daheim. Nach einem Klassiker des Giesinger Restaurants, Brot und Butter im Gabelspiel-Style, gab es (die Karte wechselt wöchentlich) Lachsforelle mit Kohlrabi-Meerrettich und Buchweizen - ein kalter Vorspeisen-Gang, der sich schmecken lassen kann. Für den Hauptgang muss man zum Herd: Zweierlei vom Lamm mit Bärlauch, Bulgur und Romanasalat. Zweierlei bedeutet: einmal geschmort im Kochbeutel, einmal gebrutzelt in der Pfanne. Kann auch für Küchen-Doofis nicht schiefgehen und schmeckte exzellent. Nicht einmal der Tipp fehlte, zu welchem Zeitpunkt am geschicktesten die Teller mit vorgewärmt werden. Als wäre man beim Gabelspiel. Nachspeise: Kardamom-Mousse mit Rhabarber, Beerengel und Buttercrumbles - also eine angenehme Mischung aus süßen und säuerlichen Geschmacksrichtungen.

Für Fans von Essensbergen auf Riesentellern ist das alles - wie bei einem Sterne-Restaurant zu erwarten - nichts. Vielmehr spürt man das Wissen um die Geheimnisse der Menü-Technik: Die Essenseinnahme in wohldosierten Dosen macht Spaß, dauert angenehm lange, man wird satt und hat trotzdem nicht das Gefühl, man könne den Heimweg nur noch mit Mühe bewältigen. Ach so, Heimweg gibt es ja keinen mehr. Zu dem Menü für zwei Personen, das insgesamt 75 Euro kostet (Aufpreis für die Lieferung zehn Euro), kann man sich auch Aperitifs, Wein und Champagner bestellen. Kontakt: restaurant-gabelspiel.de. Das Menü gibt es nur donnerstags bis samstags von 16 bis 19 Uhr. Per Lieferung oder per Abholung (Zehentbauernstraße 20 in Obergiesing). Das Menü für die kommende Woche sollte man schon diese Woche vorbestellen.

Tian

Dieses Restaurant am Viktualienmarkt ist ja in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes. Vegetarische Küche, und die noch ausgezeichnet mit einem Stern, das gibt es sonst nur noch im Mutterhaus in Wien, wo Paul Ivic am Herd steht. In München zeichnet Viktor Gerhardinger als Küchenchef verantwortlich, und auch sein Team bietet "Tian Zuhause" an, mit einem Lieferservice innerhalb des Mittleren Rings, ansonsten kann man sich's auch abholen (120 Euro für zwei Personen, Abholpreis 99 Euro, Feiertagszuschlag zehn Euro). Noch bis zum 7. Mai gibt es unser Testmenü: Die Vorspeise ist eine hübsche Kombination aus rohem und eingelegtem Spargel, aus gegrillter Schwarzwurzel auf Bärlauchcreme sowie einem Chip aus Brennnesseln. Die Vinaigrette würde man problemlos auch pur schlürfen. Und wer gestalterisch ein bisschen begabt ist, drapiert das Gemüse über der Bärlauchcreme problemlos so ansprechend wie in einem richtigen Gourmetrestaurant. Die Hauptspeise - Pilztortellini, Mairübe und Senf - überrascht durch feine Geschmacksnuancen. Und obwohl ja alles im Grunde nur aufgewärmt wird: Es geht nichts an Genuss verloren. Auch die Schokoladenmousse mit Rhabarber und rotem Pfeffer überzeugt rundum. Besonders erwähnenswert: Das Sauerteigweckerl vom Bäcker Julius Brantner und die hausgemachte, aufgeschlagene Tian-Butter.

Werneckhof

Schon klar, beim Sternekoch sitzt man als Gast am Tisch und lässt sich seine sieben, acht Gänge schön am Teller anrichten, ein Sößchen hier, ein Tropfen irgendwas da. Es ist alles eine Inszenierung, ohne die es eigentlich nicht geht. Eigentlich! Denn zu Ostern hatte sich der Werneckhof, dessen Chefkoch der zwei-Sterne-Inhaber Tohru Nakamura ist, ein abgespecktes Sterne-Menü zum Abholen ausgedacht, ein Sternchen-Menü quasi. Statt um die 200 Euro pro Person kostete das Menü für zwei 149 Euro. Auf der Speisekarte standen Focaccia und Schnittlauchöl, Norwegische Langoustine mit Kräutersalat und Ponzuvinaigrette, eine vereinfachte Bouillabaisse, superzarter Poltinger Lammrücken mit Frühlingsgemüse und Kartoffelgratin, zum Abschluss dann Schokoladenbiskuit mit "Kompott von Rumtopffrüchten" dazu eine Schokoladensoße aus "Piura Porcelana"-Kakao mit Karamell. Das Essen war vorgekocht, das Aufwärmen, Fleischbraten und Aufbacken übernimmt der Genießer selbst.

Steht man zunächst mit Respekt vor den vielen Einzelverpackungen, gelingt das Ganze dank präziser Anleitung erstaunlich gut. Etwas Gespür braucht man aber schon. Denn das Gratin direkt aus dem Kühlschrank in den Ofen zu stellen, erwies sich als keine gute Idee. Hier hätte die Aufwärmzeit doppelt so lange gebraucht, wie in der Anleitung angegeben. Ansonsten war alles kein Problem - nur das Anrichten sollte man den Profis überlassen. Die Nachspeise mit der Schokosoße ähnelte mangels Erfahrung im Anrichten optisch einem Gulasch. Schloss man beim Genießen der köstlichen Schokolade aber für ein paar Momente die Augen, wurde dieser Makel zur Makulatur.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4894172
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.05.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.