Süddeutsche Zeitung

Elektroclub MMA:Letzter Tanz im Heizkraftwerk

Lesezeit: 2 Min.

Von Pia Ratzesberger, München

In einer Stadt sind meistens die Orte am spannendsten, die nicht in das Bild passen, das man von einer Stadt hat. Erst vor ein paar Wochen schrieb zum Beispiel die New York Times über München, und auch wenn in den ersten Zeilen das Oktoberfest noch immer vorkam, ging es vor allem um die anderen, um die überraschenden Orte: um ein Boot auf einer Brücke etwa oder eine Bar in einem Klohäuschen, und in diese Reihe hätte auch ein Club in einem früheren Heizkraftwerk gut gepasst. Das Mixed Munich Arts in der Maxvorstadt. Eine hohe Halle, dunkle Gänge. Wände aus Beton. In einer Bewertung im Internet schreibt ein Gast euphorisch: " The Cathedral of Techno and Electronic in the very centre of Munich". Doch die Kathedrale wird bald schließen müssen, der Pachtvertrag läuft Ende März aus - und München wird damit eine seiner bekanntesten Elektrostätten verlieren.

Das MMA ist einer dieser Clubs, in denen es immer voll ist, wann man auch kommt, man muss meistens lange anstehen, doch später lässt einen die Musik das im besten Fall vergessen. Der Club ist über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt und auch deshalb haben zwei Stammgäste am Wochenende im Internet eine Petition gestartet. Der Club dürfe nicht zumachen, die Stadt brauche die Fläche, um "nicht irgendwann komplett charakterlos zu werden". Mehr als 2000 Menschen hatten am Dienstagnachmittag unterschrieben.

Eine der beiden Frauen, die für die Petition verantwortlich sind, ist Anna Pfeffer, 29 Jahre alt. Sie arbeitet als Eventmanagerin und Barkeeperin, allerdings nicht im MMA. Sie hat den Text der Petition am Dienstag noch einmal aktualisiert, nachdem sie am Morgen erfahren hatte, dass die Stadtwerke auf dem Gelände 85 Werkswohnungen bauen werden. Das sei natürlich eine gute Sache, sagt Pfeffer, man wolle dagegen nicht protestieren.

Zuvor war in der Petition noch zu lesen gewesen, dass auf dem Gelände Büros und Hotels entstünden - da seien sie falsch informiert gewesen, sagt Pfeffer. Doch den Club wollten sie dennoch retten. Entweder indem sich ein neuer Ort für das MMA finde oder indem man das Konzept des Areals noch einmal überdenke, man könne doch zum Beispiel mit den Wohnungen auch noch Ateliers bauen, dann wäre auch der Kultur geholfen. Das Mixed Munich Arts wollte immer mehr sein als nur ein Club in einem alten Heizkraftwerk wie das Berghain in Berlin. Es wollte ein Ort der Kultur sein, es gab Lesungen oder Theaterstücke, immer wieder Flohmärkte. Am Ende ist das MMA aber doch vor allem für seine Nächte voller Musik und Schweiß bekannt - und für seine manchmal hohen Eintrittspreise.

Es steht noch nicht fest, ob die Betreiber schon neue Pläne haben, am Dienstag war für ein Gespräch niemand zu erreichen. Das Team hatte die Hallen vor fünf Jahren von den Stadtwerken gepachtet, und von Beginn an war klar, dass dies nur eine Zwischennutzung sein würde. Der Vertrag wurde schon einmal verlängert, heißt es bei den Stadtwerken. Das MMA muss definitiv raus, noch im Sommer wird das Heizkraftwerk abgerissen. Die New York Times überschrieb ihren Artikel damals mit der Frage, ob München nun cool werde. Das MMA zumindest kann dazu nichts mehr beitragen.

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Quelle:
SZ vom 30.01.2019
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