Süddeutsche Zeitung

Berg am Laim:Schwieriger Nachlass

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Die Stadt hat das Mahlerhaus geerbt - doch das Testament ist kompliziert und an bestimmte Bedingungen gebunden

Von Lea Kramer, Berg am Laim

Einer der grünen Fensterläden steht halb offen. Der Putz bröckelt von der Wand des Gebäudes. Die Schrift auf dem Schild, das darauf hinweist, dass der mittlerweile überwucherte Kastaniengarten an der Baumkirchner Straße einmal zu einem Ausflugsziel gehörte, verblasst langsam: "Zum Café Mahlerhaus" heißt es dort in Frakturlettern. Das alte Bauernhaus, eines der letzten in Berg am Laim, verkommt zunehmend. Die Stadt hat es vor Jahren geerbt, doch das Testament der Stifterin ist kompliziert. Noch in diesem Jahr will die Stadt das Erbe antreten.

Zunächst klingt alles einfach: Luise Mahler-Lenz, Eigentümerin des denkmalgeschützten Bauernhofes hatte vor ihrem Tod im Jahr 2007 festgelegt, dass das Haus im Jahr 2017 in das Eigentum der Stadt übergehen soll. In ihrem Testament schrieb sie allerdings fest, dass dort eine Kindertagesstätte untergebracht werden soll. Entspricht die Stadt diesem Wunsch nicht, erhält der Adoptivsohn der Verstorbenen das Kleinod zurück.

Da das Häuschen sehr klein und verwinkelt ist, war lange nicht klar, ob dort jemals Kinder betreut werden können - zumal sich die Toiletten im Nachbarhaus befinden, das nicht zum Erbe der Stadt gehört. 2019 hat der Stadtrat jedenfalls beschlossen, dass er das Vermächtnis an der Baumkirchner Straße 1 im Prinzip annehmen will. Seither verhandelt das Sozialreferat, das die Stiftungsverwaltung der bayerischen Landeshauptstadt betreut, über Mahler-Lenz' Letzten Willen.

Fast 15 Jahre nach der Stiftung könnte es endlich eine Einigung in dem verzwickten Erbfall geben. Im Oktober ist ein weiteres Gespräch angesetzt. "Die Verhandlungen, die bereits kurz vor dem Abschluss standen, haben sich vor allem wegen des Todes des bisherigen Testamentsvollstreckers verzögert", sagt Hedwig Thomalla, Sprecherin des Sozialreferats. Demnach gehe das Referat davon aus, dass sich alle Beteiligten noch in diesem Jahr einig werden und "dann der Stadtrat mit der endgültigen Entscheidung über die endgültigen Modalitäten befasst werden kann". Dieser muss das Erbe dann formal annehmen, damit das Vermächtnis notariell auf die Stadt München übertragen werden kann.

Im Hintergrund hat das Referat für Bildung und Sport (RBS) mittlerweile geklärt, ob sich das Mahlerhaus überhaupt als Kindertageseinrichtung eignet. Mehrere Konzeptstudien hätten ergeben, dass das möglich wäre, sagt RBS-Sprecher Andreas Haas. Demnach ließe sich ein Haus für Kinder mit einer Krippen- und Kindergartengruppe in dem Gebäude unterbringen.

Bis der Wunsch der Stifterin endgültig erfüllt wird, kann es aber noch dauern. Der Satteldachbau, landwirtschaftlich zuletzt als Gerblhof geführt, stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zeit und Leerstand haben ihm arg zugesetzt. Die Kosten für den Umbau bezifferte die Stadtkämmerei in ihrer Finanz- und Investitionsplanung für große Vorhaben, die sie im Frühjahr bekannt gegeben hat, auf vier Millionen Euro. Es ist als Projekt für die Jahre 2021 bis 2024 eingetragen.

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Quelle:
SZ vom 30.09.2021
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