Süddeutsche Zeitung

Ausstand:Erst wird an den Kitas, dann am Flughafen gestreikt

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Von Melanie Staudinger, München

In München steht eine massive Streikwoche bevor. In der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst hat die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten der Stadt aufgerufen, am Dienstag die Arbeit niederzulegen. Das betrifft nicht nur Erzieher und Kinderpfleger in den städtischen Kindertagesstätten, sondern auch die Mitarbeiter in der Stadtverwaltung selbst, der Müllabfuhr und der Straßenreinigung. Nach Informationen der SZ wird an den städtischen Kliniken nicht gestreikt.

Eine endgültige Liste aller Betriebe wird die Gewerkschaft erst am Montag veröffentlichen. Dann will sie auch mitteilen, wo am Mittwoch am Münchner Flughafen gestreikt wird. Laut Verdi müssen Reisende mit teils massiven Ausfällen rechnen, zumal nicht nur für den Münchner, sondern für fast alle größeren deutschen Airports Aktionen angekündigt sind.

Straßen werden nicht gekehrt, volle Mülltonnen bleiben stehen

Die Auswirkungen des eintägigen Warnstreiks auf die Bevölkerung sollen sich in Grenzen halten: Straßen werden nicht gekehrt, volle Mülltonnen bleiben stehen. Als eher unwahrscheinlich gilt, dass das Kreisverwaltungsreferat (KVR) und die Bürgerbüros im großen Stil bestreikt werden. Dort arbeiten mehrheitlich Beamte, die an einem Ausstand nicht teilnehmen dürfen.

Am härtesten trifft es wohl Eltern, die ihre Kinder in einer städtischen Tagesstätte betreuen lassen. Er gehe davon aus, dass von den knapp 450 Einrichtungen weit mehr als 100 geschlossen blieben, sagt Münchens Verdi-Chef Heinrich Birner. Man habe die Eltern extra frühzeitig informiert. Doch nicht alle Familien konnten in Erfahrung bringen, ob ihre Krippe, ihr Kindergarten oder Hort nun offen hat oder nicht, weil die Mitarbeiter es noch nicht wussten.

Manchen Eltern fehlt das Verständnis dafür, dass Erzieher und Kinderpfleger schon wieder streiken. Vor knapp einem Jahr hatten diese die Arbeit an 17 aufeinanderfolgenden Tagen niedergelegt. Damals ging es aber nicht um Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst, sondern um Eingruppierungsregeln im Sozial- und Erziehungsdienst. Im Schnitt erkämpften sich Erzieherinnen und Sozialpädagogen 3,3 Prozent mehr Gehalt. Birner versucht zu beruhigen: "Von einem unbefristeten Streik sind wir weit entfernt."

Es könne sogar sein, dass Gewerkschaften und Arbeitgeber sich bei der dritten Tarifrunde am 28. und 29. April einigen, so der Verdi-Chef. Man stehe nicht vor unlösbaren Problemen. Allerdings müssten die Arbeitgeber ihr Angebot "deutlich erhöhen". Bisher wollen sie drei Prozent mehr auf zwei Jahre zahlen. Verdi fordert sechs Prozent mehr Gehalt sowie für Auszubildende und Praktikanten einen pauschalen Zuschlag von 100 Euro. Außerdem sollen Lehrlinge nach einem erfolgreichen Abschluss unbefristet übernommen werden.

"Der Streik ist völlig überflüssig"

Zwar sprechen auch die Arbeitgeber von einer vernünftigen Verhandlungsgrundlage. Verständnis für den jetzigen Ausstand haben sie aber nicht. "Der Streik ist völlig überflüssig", sagt Thomas Böhle, städtischer Personalreferent und Präsident der kommunalen Arbeitgebervereinigung. Dass München der Schwerpunkt der Streikaktionen in Bayern sei, wundere ihn nicht. "Das macht Verdi gerne", sagt er.

Und die Gewerkschaft tut es auch nicht zum ersten Mal: Bei der Tarifrunde 2014 kamen laut Verdi etwa 6000 Beschäftigte zur großen Kundgebung am Odeonsplatz. An dem Tag blieben die Mülltonnen stehen und die Kitas geschlossen, auch einige städtische Bäder sperrten nicht auf.

Diesen Dienstag treffen sich die Beschäftigten von 8 Uhr an zur Streikerfassung im Hacker Pschorr an der Theresienhöhe. Um 10 Uhr startet ein Demonstrationszug durch die Innenstadt, um 11 Uhr gibt es eine zentrale Kundgebung am Stachus.

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SZ vom 25.04.2016
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