Süddeutsche Zeitung

#ausgehetzt-Demo in München:Mindestens 25 000 Menschen gehen gegen die CSU auf die Straße

Unter dem Motto "ausgehetzt" sammeln sich Tausende auf dem Königsplatz in München, um gegen die Politik der Staatsregierung zu demonstrieren.

Zigtausende Menschen protestieren am Sonntagmittag in München gegen einen Rechtsruck in Gesellschaft und Politik. Unter dem Motto "#ausgehetzt" wenden sie sich speziell gegen die Flüchtlingspolitik der CSU. Die Polizei zählte bis zum Abend 25 000 Teilnehmer bei dem Zug durch die Stadt und bei der Schlusskundgebung auf dem Königsplatz, die Veranstalter sprechen von 50 000 Demonstrantinnen und Demonstranten. Tausende seien noch in den Nebenstraßen und gar nicht auf den überfüllten Platz gelangt.

Zu den etwa 130 Unterstützern von #ausgehetzt gehören neben Organisationen wie Pro Asyl, ver.di, Attac und zahlreichen Flüchtlingshelferkreisen auch das Münchner Volkstheater und die Münchner Kammerspiele. Der Münchner CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl hatte "dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen" gefordert, weil Kammerspiel-Intendant Matthias Lilienthal durch seinen Aufruf zur Demo die "parteipolitische Neutralitätspflicht" des Theaters verletze.

Lilienthal konterte, er wolle "nicht in einer orbánschen Republik aufwachen" - und zeigte sich gutgelaunt auf der Demo zusammen mit Münchens OB Dieter Reiter (SPD). Reiter spricht von einem "Déja vu", er denke an das Konzert auf dem Königsplatz für Geflüchtete vor ein paar Jahren. "Damals waren auch viele da, aber nicht so viele." Es gehe an diesem Tag "um etwas Wichtiges", der soziale Frieden sei "hochgradig gefährdet". Von München gehe die Botschaft aus: "Wir lassen uns nicht spalten."

Die Stimmung auf der Demo ist ausgelassen und friedlich. Aus ganz Bayern sind Menschen angereist, um bei Regen gegen die Politik der Staatsregierung zu protestieren.

Die CSU-Plakate am Rand der Strecke werden weitgehend ignoriert. Die Partei hatte über Nacht Plakate aufhängen lassen, auf denen sie gegen den CSU-Protest protestiert.

"Es kann nicht sein, dass verantwortliche Politiker den rassistischen Diskurs nur zum eigenen Machterhalt bedienen", sagte Thomas Lechner von der Initiative "Gemeinsam für Menschenrechte und Demokratie".

Immer mehr Parteien ließen sich ihre Agenda "von AfD und Co" vorgeben. Dabei sei es die Aufgabe von Politikern, "die Gesellschaft zu heilen und zusammenzuführen, nicht zu spalten", so Lechner.

Bereits am 10. Mai hatte in München eine der größten Demos der vergangenen Jahre stattgefunden: Mehr als 30 000 Menschen hatten damals auf dem Marienplatz gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetzt (PAG) demonstriert, das die CSU wenig später im Landtag verabschiedete.

Vielerorts ist der Protest an diesem Sonntagnachmittag gegen die CSU kreativ und humorvoll - wie in diesem Fall.

Die Abschlusskundgebung am Königsplatz verzögerte sich, weil so viele Männer und Frauen, Jungen und Mädchen auf Münchens Straßen unterwegs waren.

Auf der Schlusskundgebung zählten die Veranstalter mehr als 25 000 Menschen.

Auf dem Königsplatz wurden neben Claus-Peter Reisch, dem in Malta angeklagten Kapitän des Seenotretters "Lifeline", auch die Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner sowie Luise Kinseher und andere erwartet.

Unter den Demonstranten finden sich auch Volkstheater-Intendant Christian Stückl (rechts im Foto) und SPD-Politikerin Isabell Zacharias. Weil Stückl auch zur Demo aufgerufen hatte, verweigerte ihm der zweite Münchner Bürgermeister Josef Schmid (CSU) am vergangenen Mittwoch die Unterschrift zur zugesagten Vertragsverlängerung. Für Stückl aber kein Grund der Demo fernzubleiben.

Ebenso auf Münchens Straßen unterwegs: Münchens OB Dieter Reiter (SPD), Kabarettist Urban Priol und Claus-Peter Reisch, dem in Malta angeklagte Kapitän des Rettungsschiffs Lifeline (von links).

Auf dem Königsplatz stehen die Demonstrantinnen und Demonstranten dicht gedrängt. Die bayerische Folkrockband "Django 3000" macht dort um 15 Uhr den Auftakt, gefolgt von Dreiviertelblut. "Es regnet und es wird kalt, i spür', wie d'Welt auseinanderfallt", heißt es in ihrem Song "Mia san ned nur mia". Die Musiker hatten vorsorglich angekündigt, man werde das Lied "so lange spielen, bis es nicht mehr nötig ist".

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