Süddeutsche Zeitung

Strafrecht:Fünf Worte ohne Wirkung

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Die Änderungen im Gesetzbuch bei geschlechtsspezifischen Gewalttaten bringen nichts. Besser wären Prävention und konsequentes Ermitteln.

Kommentar von Karoline Meta Beisel

Wenn ein Mann seine Freundin umbringt, weil sie einen anderen liebt, ist das kein "Beziehungsdrama", wie es der Boulevard oft verharmlost, sondern Totschlag oder sogar Mord. Es ist gut, wenn solche Taten künftig ernster genommen und als solche bezeichnet werden.

Was dafür aber nicht der richtige Weg ist: die im Koalitionsvertrag beschlossene Ergänzung der Strafzumessungsregeln, wie sie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nun nicht nur für Gewalttaten gegen Frauen, sondern für alle "geschlechtsspezifischen" Beweggründe und "gegen die sexuelle Orientierung" gerichtete Taten angekündigt hat.

Die avisierte Änderung im Rechtstext ändert nichts an der juristischen Lage: Die Beweggründe des Täters sind auch heute schon ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, die abstrakte Strafandrohung aus dem Strafgesetzbuch - zum Beispiel "Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe" - in eine konkrete Strafe für eine konkrete Tat umzusetzen. Umfasst sind eine Vielzahl denkbarer Motive, und zwar ganz ohne dass im Gesetz jedes einzelne davon ausdrücklich genannt werden müsste. Die beiden Fallgruppen, die Buschmann nun hinzufügen will, sollen lediglich als weitere Beispiele eingefügt werden, neben antisemitischen oder rassistischen Motiven, die bereits jetzt ausdrücklich erwähnt werden. Es würden dadurch auch nicht mehr Taten angezeigt oder gar aufgeklärt.

Bleibt die Symbolwirkung, die fünf Wörter im Strafgesetzbuch auslösen. Aber an wen sind sie gerichtet? An die Opfer? An deren tatsächlicher Lage ändert sich, wie gesagt, nichts. An potenzielle Täter? Die schauen eher nicht noch mal kurz ins Strafgesetzbuch, bevor sie in der U-Bahn einen anderen verprügeln, weil der mit einem Mann Händchen hält.

Buschmann sagt, er will ein "Signal in die Gesellschaft" senden. Dafür aber gäbe es bessere Wege: Prävention, entschlossenere Ermittlungsverfahren, Unterstützung für Opfer - und Widerspruch, wenn diese Taten verharmlost werden.

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